Dienstag, der 25. Juli 2017
... Gedanken über Begegnungen, die mich ständig beschäftigen :
Du und ich.
Wir tragen eine Welt in uns
jeder für sich.
Wir blühen auf, wir wachsen und atmen
den Geist unserer Zeit
der uns vereint.
Manchmal
lädst Du mich ein in Deine Welt
zeigst mir wortlos Deine Wunden
ich betrachte sie für Stunden
und vergesse was mich quält.
Ich will Dir nah sein
die richtigen Wort finden, ein Licht entzünden
das Deine Dunkelheit erhellt.
Doch was bleibt sind nur Wünsche
Und mein Herz ohne Gewicht
kehrt leise zurück ans Licht
meiner blendenden Welt.
Donnerstag, 29. Juni 2017
Seit geraumer Zeit blicken meine müden Augen durch eine gigantische Glasfront auf die Startbahn des Charlotte Douglas International Airports, während mein leerer Kopf vergeblich nach Worten sucht.
Im Minutentakt erheben sich die mechanischen Vögel schwerfällig in den grauen Himmel von North Carolina.
Während ich dieses perfekt arrangierte Schauspiel unbeteiligt betrachte, dämmert es mir, dass ich nicht einmal in Gedanken fassen kann, schon bald zurückgekehrt zu sein.
Piura. Ort so vieler Erinnerungen an Erlebnisse, Gefühle und Begegnungen. Meine zweite Heimat.
Ich bleibe bis ich wiederkomme - habe ich damals beim Abschied gesagt -
bin ich tatsächlich innerlich dort geblieben?
Damals nach Hause zu kommen war alles andere als einfach. Vieles hatte sich für mich verändert und war plötzlich auf eine seltsame Art neu und ungewohnt geworden. Es dauerte eine Weile bis ich erkannte, dass nicht meine Umwelt sich während meines Fortseins verwandelt hatte. Nein, ich war es, die nun alles anders wahrnahm; in deren Kopf sich ein zweiter Blickwinkel manifestiert hatte, aus dem ich nun einst Vertrautes staunend betrachtete. Ich sah Deutschland auf einmal mit peruanischen Augen. Das Leben dort war mir so zur Normalität geworden, dass ich alles was mir nun begegnete, automatisch mit meinen Erfahrungen verglich.
Ich fühlte mich auf einmal fremd in dem Land, in welchem ich davor 18 Jahre meines Lebens verbracht hatte. Ich wunderte mich über die Sauberkeit und Ruhe auf den Straßen; ganz ausgestorben erschienen sie mir im Vergleich zu Perus lebendigem Verkehrstreiben. Auch fehlte mir die allgegenwärtige Musik, die meine Schritte dort täglich begleitete. Die minutiösen Fahrpläne der Deutschen Bahn ließen mich innerlich schmunzeln; den häufigen Beschwerden über in meinen Augen nichtige Dinge begegnete ich mit einem verständnislosen Seufzen. Die Menschen hasteten umher - blind für ihre Mitmenschen und die Umgebung - nur auf ihr zu erreichendes Ziel fixiert. In den ersten Tagen sah ich ihnen noch fasziniert dabei zu; unfähig, zu begreifen, wozu das Ganze gut sein sollte.
Ein paar Wochen später war ich selbst Teil dieser rastlosen Menge geworden.
Die peruanische Gelassenheit war zielstrebiger Terminbewältigung gewichen. Mein Lieblingssatz „No te preocupes“ (Mach Dir keine Sorgen) wurde begraben unter der Angst, etwas zu verpassen. Deutschland hatte mich in kurzer Zeit wieder eingeholt und ich wehrte mich beschämend wenig dagegen. Was also hatte sich überhaupt verändert?
Auch wenn ich jetzt über die vergangenen 3 Jahre nachdenke, habe ich mich doch recht gut wieder in das deutsche Leben eingefügt. In stressigen Zeiten vergesse ich oft, was ich in Peru gelernt habe. Manchmal frage ich mich, wie sich die tiefe Lebendigkeit anfühlte, welche ich in jenem Jahr tagtäglich verspürt hatte. Schon damals wusste ich, dass das Leben nicht immer grosse Geschichten schreiben kann. Mein Jahr in Peru war besonders in jeglicher Hinsicht; ich habe in einem dauerhaften Ausnahmezustand gelebt, welcher im direkten Vergleich alles andere in den Schatten stellt.
Aber so darf, nein so will ich es nicht sehen. Ich bin auch glücklich, jetzt ein Leben in Deutschland, besonders in Mannheim zu haben. Ein sehr erfülltes Leben sogar, das kaum einen Alltag kennt, in dem ich so viele Möglichkeiten habe, studieren kann und mich nach meinem freien Willen entfalte. Ein Leben in dem ich von wundervollen Menschen umgeben bin, die mich bereichern, mich unterstützen und mit mir gemeinsam neue Träume leben. Ich habe auch in Mannheim eine Heimat gefunden.
Letztendlich hat alles seine Zeit.
Jetzt ist die Zeit gekommen, in meine zweite Heimat zurückzukehren.
Montag, 03. Juli 2017
Tag 3 in Piura und es fühlt sich so an, als wäre ich nie fort gewesen.
Alles ist mir so vertraut - die holprigen Fahrten in den klapprigen Mototaxis auf den lärmerfüllten Strassen, die streunenden Hunde ohne Besitzer auf der Suche nach Essbarem im Müll, die heimlichen Blicke der Peruaner, die sich neugierig nach der Gringa umsehen, die allgegenwärtigen Latinorythmen, zu denen ich beschwingten Schrittes gehe, der Geruch des lebendigen Marktes, auf dem man alles zu finden scheint, was das Herz begehrt, der göttliche Geschmack von Ceviche (in Limettensaft marinierter roher Fisch mit roten Zwiebeln und Chili angemacht, der mit Süsskartoffeln und geröstetem Mais serviert wird), das freundliche Grüssen der Menschen, ihre tiefe Gläubigkeit, welche Ausdruck in den prallgefülten Messen findet, die Freude der Peruaner am gemeinsamen Feiern, bei köstlichem Essen, geteiltem Glas und Musik, die den Körper in Bewegung versetzt, die grosse Nähe und der Zusammenhalt innerhalb der Familie, die mich mit offenen Armen empfängt und schon als selbstverständliches Mitglied betrachtet, die warmen Worte und ständige Hilfsbereitschaft der Peruaner, das bezaubernde Lächeln der Kinder und ihr gemeinsames unerschütterliches Streben nach Glück.
Die Rückkehr nach Peru fühlt sich tatsächlich an, wie nach Hause zu kommen. Jetzt will ich jeden Moment auskosten, den ich hier sein darf.Ich werde wieder in die Projekte gehen, in denen ich damals gearbeitet habe. Wo entdecke ich Altbekanntes und was hat sich verändert? Wen werde ich von den Kindern noch kennen? Wer wird mich noch kennen? Wie wird sich das Wiedersehen wohl anfühlen? Ich bin schon sehr gespannt, was mich in den kommenden 7 Wochen erwarten wird. 4 Wochen will ich wieder in den Projekten helfen, mit wachen Sinnen alles aufsagen, was mir begegnet und so viel wie möglich davon in diesem Blog festhalten. Dann werde ich 2 Wochen reisen um mich anschliessend ein zweites Mal zu verabschieden.
Doch jetzt bin ich gerade erst angekommen. Jetzt lebe ich nur im Moment. So viel liegt vor mir und ich werde es mit offenen Armen und offenem Herzen empfangen. Und wenn ihr wollt, nehme ich euch noch einmal mit an diesen besonderen Ort namens Piura, im Norden Perus.
Samstag, 8. Juli 2017
Tag 5 ohne fließendes Wasser in unserem Haus. Die Wasserpumpe für den ganzen Gebäudekomplex hat nach 22 Jahren ihren Geist aufgegeben und bei der Ersatzpumpe ist ein Teil kaputt. Bisher konnte niemand kommen, um sie zu reparieren, sodass alle Bewohner auf den Tank vor dem Haus angewiesen sind. Mittlerweile ist dessen Druck jedoch so weit gesunken, dass es eine Ewigkeit dauert, etwas Wasser in einen Eimer abzufüllen. Eine neue Pumpe kostet 1500 Soles, das sind etwa 400 Euro. Jede Wohnung im Gebäude soll 100 Soles (26 Euro) geben, damit sie bald möglichst gekauft werden kann. Jedoch ist es für viele nicht leicht, auf einen Schlag das für die hiesigen Verhältnisse nicht wenige Geld von ihrem täglichen Lohn abzudrücken. So wird es dauern, bis eine neue Pumpe gekauft werden kann und man hofft auf das baldige Erscheinen eines Reparateurs für die kaputte zweite. Im Moment bedeutet das für uns daher: abwarten und so wenig wie möglich schwitzen.
So anstrengend es auch sein mag, Eimer für Eimer mit Wasser zu füllen, diese ins Haus zu tragen und sich dann bei möglichst geringem Verbrauch damit zu waschen - es tut zugleich sehr gut, mal wieder für etwas sensibilisiert zu werden. Durchgängig fließendes Wasser, wie wir es in Deutschland gewohnt sind, ist eben nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Ich werde mir hier in Piura wieder über so manche Privilegien bewusst, die ich zu Hause für natürlich gegeben annehme. Dazu gehört ebenso das Gefühl von Sicherheit, über die ich mir in Deutschland kaum Gedanken zu machen brauche. Auch habe ich das Privileg, mir keine Sorgen um Geld und um meine Zukunft machen zu müssen. Des Weiteren brauche ich keine Angst vor Diskriminierung aufgrund meiner Hautfarbe zu haben, im Gegenteil, hier in Peru erlebe ich eher einen "positiven Rassismus", wie ich es nennen würde, da ich oft nur aufgrund meines Äußeren besonders behandelt werde. Ich könnte noch viele weitere Beispiele finden, welche zusammengefasst mein Privileg beschreiben als Weiße in einem der (chancen-)reichsten Länder der Welt aufgewachsen zu sein.
Für die Menschen hier ist das peruanische Leben natürlich ihre Realität, die sie umgibt. Aber es macht mich verständnislos und wütend, dass man in so vielen Aspekten tatenlos bleibt, wo gehandelt werden könnte. Verständnislos, dass immer wieder Politiker durch Ignoranz oder pure Unwissenheit an die Macht kommen können, die durch Korruption jegliches Vorankommen des Landes behindern. Es macht mich traurig, dass sowohl gute Bildung als auch medizische Versorgung immer noch als Dienstleistungen gelten, die sich nur leisten kann, wer das Geld dazu besitzt. Und ich bin wütend, dass Kinder, die eigentlich zur Schule gehen sollten, hart arbeiten müssen, um zum Lebensunterhalt ihrer Familie beizutragen. Kinderarbeit ist in Peru verboten ist und dennoch arbeitet jedes vierte Kind unter 14 Jahren. Insgesamt sind es über 3 Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren (42% der Bevölkerung in diesem Alter) die Tag für Tag in häufig unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen: in der Landwirtschaft, Fischerei und als Müllsammler, als Bonbonverkäufer, Schuhputzer und Friedhofspflege, in Steinbrüchen und Minen und nicht zuletzt als Karrenschieber auf dem Markt. Dies ist die Wirklichkeit der Kinder, welche CANAT (Zentrum für arbeitende Kinder und Jugendliche) in seine Programme aufnimmt, um ihnen eine Möglichkeit zu geben, ihrer Situation zu entkommen und den Teufelskreis zu durchbrechen. Die Bildung, welche sie in den verschiedenen Bereichen CANATs erhalten, soll den jungen Menschen zu einem besseren Leben verhelfen.
Im Programm "Manitos Trabajando" (arbeitende Händchen) werden sie in ihren Schulaufgaben unterstützt, die aufgrund der Arbeit oft zu kurz kommt. Sie bekommen Frühstück und ein warmes Mittagessen, was bei ihnen zu Hause oft nicht gewährleistet werden kann. Den Kindern stehen außerdem Waschräume zur Verfügung, in welchen sie sich duschen können. Neben der Aufholung des verpassten Schulstoffes, wird den Kindern ein breites Angebot an Sport, Tanz, Musik und Kunst geboten, durch das sie ihre Talente entfalten können und lernen, stolz auf sich zu sein, was wiederum ihr Selbstbild stärkt. Viel Wert wird darauf gelegt, den Kindern Normen friedlichen Zusammenlebens beizubrigen, damit sie lernen, sich und ihre Mitmenschen wertzuschätzen. Manitos Trabajando gibt den arbeitenden Kindern und Jugendlichen Werte und Fähigkeiten mit auf den Weg, die es ihnen ermöglichen, ein verantwortungsbewusstes, selbstständiges Leben zu führen.
Das Programm "Manitos Creciendo" (wachsende Händchen) bietet Jugendlichen ohne Schulaubschluss eine kostenlose Ausbildung zu einem von 3 handwerklichen Berufen. Als ausgebildete Köche, Schneider, und Kosmetiker/Friseure haben sie gute Erfolgschancen auf dem peruanischen Arbeitsmarkt. Auch in Manitos Creciendo wird viel Wert auf die persönliche Entwicklung jedes einzelnen Jugendlichen gelegt. In Workshops zu verschiedenen Themen wird immer wieder auf die Individualität jedes und jeder einzelnen eingegangen und ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Die heutigen Ausbilder im Projekt sind ehemalige Schüler Manitos Creciendos und geben somit ihre Kenntnisse nachhaltig weiter.
"Manitos Jugando" (spielende Händchen) ist ein Bereich, welchen ich für besonders bedeutsam erachte, da er genau dort ansetzt, wo die Kinder im Grunde abgeholt werden müssen: in ihrer Lebensrealität in den Außenvierteln Piuras. Hier wurden sogenannte "Ludotecas" (Spielstätten) errichet, in denen die Kinder durch das Medium des Spiels Werte des Zusammenlebens lernen, welche sie zu Hause nicht beigebracht bekommen. Die Kindheit vieler ist geprägt von Gewalt, Ausgrenzung, Missbrauch und der Pflicht schon früh Verantwortung für jüngere Geschwister und im Haushalt übernehmen zu müssen. In den Ludotecas finden sie eine Oase, in der sie einfach nur Kinder sein dürfen.
Zu sehen, dass die Oase der Ludotecas an beiden Orten gewachsen ist, erwärmte mir das Herz. Es wurden zwei komplett neue, wunderschön bemalte Spielstätten errichtet, die nun 3 mal so viel Platz bieten, wie die alten Räumlichkeiten. Es gibt einen mit weichen Matten ausgekleideten Raum nur für die Kleinkinder von 0-3 Jahren, welche dort mit ihren Müttern einen Ort der Intimität und Ruhe finden. Mit Puzzeln, Stiften und Spielzeug aller Art wird die frühkindliche Stimulation gefördert. Des Weiteren gibt es einen mit Tischen und Sitzmöglichkeiten ausgekleideter Bereich für die größeren Kinder, in welchem sie Malen und Basteln, kleine Theaterstücke entwickeln und Geschichten lesen können. Für Spiele im Kreis, sportliche Aktivitäten oder einfach zum ausgelassenen Toben wurde ein dritter Bereich vor der Ludoteca mit bunt bemalten Autoreifen umzäunt. Ich betrachte all die Veränderungen mit staunenden Augen und war stolz auf die engagierten Peruaner und Freiwilligen, welche die Oase um so vieles größer und schöner wachsen lassen haben. Nun bietet sie Platz für noch mehr Kinder, die im Spiel für einen kleinen Moment ihren harten Alltag vergessen dürfen.
Montag, 10. Juli 2017
Das Wiedersehen mit den Kindern der Ludotecas war ein großes Freudenfest. Zwischen vielen neuen Gesichtern entdeckte ich die wenigen altbekannten auf Anhieb wieder. Natürlich waren die Kinder älter geworden, aber ihr unschuldiges Lachen und individuelles Temperament waren unverändert geblieben. Die Kinder, welche an damals noch eine Erinnerung besaßen, erkannten mich ebenfalls wieder und schenkten mir eine riesige Umarmung zur Begrüßung. Wie hatte ich diese umwerfende Herzlichkeit vermisst!
Umarmungen sind wie Medizin für die Seele. Sie machen gesund. Bei Umarmungen schüttet unser Körper nämlich das Hormon Oxytocin aus, welches positiv gegen Stress wirkt. Unser Blutdruck sinkt, Ängste und Schmerzen lassen nach. Umarmungen haben außerdem eine beflügelnde Wirkung für unser Selbstwertgefühl. Durch sie schenken wir uns so viel Liebe und Nähe wie mit keiner anderen Geste. All das wissen die Kinder nicht; ihre Umarmungen sind intuitiv und bedingungslos. Ich spüre die Sonne in ihnen, wenn ich sie an mich drücke. Sie färbt sofort auf mich ab. Diese Kinder fühlen, was wir viel zu oft vergessen: Manchmal ist eine Umarmung alles, was wir brauchen.
Das schönste unter all den "Hola"s war die Begegnung mit Miriams (meine Mitfreiwillige) und meinem Patenkind Almendra. Wir hatten damals das Haus für sie und ihre Geschwister neu gebaut, welches die Nachbarn in einer Nachtaktion durch Selbstjustiz abgerissen hatten (siehe unten: "Vom Haus eines Mädchens mit dem Namen des Himmels"). Sara, die Mutter der Kinder hatte uns vor der Einweihung ihrer neuen Behausung gefragt, ob wir die Madrinas (Patentanten) ihrer neu geborenen Tochter Almendra sein möchten. Wir waren völlig überwältigt. Natürlich war uns klar, dass wir über die Distanz keinen Kontakt zu der Familie halten konnten, doch wir spürten, dass Sara mit dieser Geste ihren Dank uns gegenüber ausdrücken wollte. Wir nahmen die Aufgabe an, auch wenn uns nicht mehr viel Zeit zusammen blieb. Jetzt, 3 Jahre später sah ich Almendra auf einem der bunten Reifen am Rande des sandigen Fußballplatzes sitzen und konnte nicht fassen, wie wunderschön sie war. Ihre braunen Knopfaugen strahlten zu mir herauf, als hätte sie eine Ahnung, wer ich sei. Vielleicht hatte Sara ihr von Miriam und mir erzählt und ihr das Foto gezeigt, welches damals vor dem Haus entstanden war und nun eingerahmt darin steht. Auf jeden Fall nahm sie ohne zu zögern meine Hand und begleitete mich in den Rincón de Bebes der Ludoteca, wo wir gemeinsam malten, puzzelten und uns immer wieder umarmten. Es war ein etwas surrealer und doch so wundervoll wahrer Moment, den ich mit Almendra, meinem 3-jährigen quicklebendigen Patenkind teilte.
Dieses Mädchen nach so langer Zeit glücklich wiederzusehen, war das größte Geschenk, dass meine Rückkehr mir bisher beschert hat.
An den Nachmittagen unter der Woche bin ich nun also wieder in den Ludotecas der Außenbezirken Piuras und unterstütze die anderen Freiwilligen in den geplanten Aktivitäten. Im Moment dreht sich alles um das Thema "Respekt", dessen Wert in der Lebenswirklichkeit der Kinder oft zu kurz kommt. Wir entwickeln kleine Puppenspiele, behandeln Geschichten zum Thema und lassen die Kinder Bilder mit Situationen des Zusammenlebens ausmalen. Auch beim Fußball und in der "tiempo libre"
(freien Zeit) am Schluss achten wir sehr darauf, dass die Kinder sich gegenseitig mit Respekt behandeln. Die pädagogische Arbeit in einem von Machismus und häuslicher Gewalt geprägten Umfeld ist alles andere als leicht und oft fühlt es sich an, als würde man gegen Windmühlen ankämpfen. Aber irgendetwas bleibt, von dem was wir den Kindern mitgeben. Da bin ich mir ganz sicher.
Auf den Samstag freute mich mich ganz besonders, da dieser Tag mich wieder nach La Tortuga verführte. Dieses Fischerdorf inmitten einer Wüste aus Staub und Müll fasziniert mich seit meinem ersten Besuch. Wie ist es möglich, dass die Menschen dort seit dieses Dorf denken kann ohne fließendes Wasser, Kanalisation oder Müllentsorgung leben? La Tortuga lebt vom Fischexport, wodurch es eigentlich geraumen Reichtum besitzt, doch der fast vollständig aus Männern bestehende Dorfrat lässt die Gelder lieber in den Bau neuer Fußballstadien fließen anstatt in eine funktionierende Infrastruktur zu investieren. Die Zukunft der Kinder ist von Geburt an determiniert: die Jungen werden Fischer und die Mädchen Hausfrauen, welche sich wiederum um ihre zahlreichen Kinder kümmern, deren Bestimmung der ihrer Eltern gleichkommt. So bleibt das Dorf seit Jahrzehnten auf dem gleichen Stand stecken. Das Einzige, was stetig wächst, ist die Anzahl der Bewohner und der Müll, welcher bald den gesamten Boden um La Tortuga bedecken wird.
Wir fuhren mit einem großen Gruppe spanischer, französischer, deutscher und peruanischer Freiwilliger in einem gemieteten Bus in das 1 1/2 Stunden entfernte Fischerdorf. Auf dem Weg zum Strand sammelten wir einige Kinder ein und bereiteten gemeisnam wir aus frisch gefangenen Fischen einen köstlichen Eintopf zu. Natürlich zeigten uns die Kinder, wo man das Messer genau ansetzen musste, um die Heringe aufzuschlitzen und anschliessend die Innerein herauszunehmen. In La Tortuga lernen die Kinder das Fischen mit dem Laufenlernen. Das Meer ist ihre Lebenswelt, sie kennen alle seine Schätze und Gefahren. Die meisten Kinder haben La Tortuga noch nie verlassen. Sie kennen nur dieses eine Leben.
Nach ausgelassenen Stunden zwischen Felsen und Sand, kehrten wir in das Dorf zurück. Auf dem Rückweg hielten wir an meinem Lieblingsstrand "la ceniza" (Die Asche) an, an dem einige Freiwillige die Nacht verbringen werden. Ich werde ein andermal bleiben. Die vielen Regenfälle der letzten Monate hatten den Strand ungewöhnlich grün werden lassen. Was in der Stadt eine riesige Verwüstung hinterließ, brachte hier einen magischen Anblick zum Vorschein: Pflanzen und Blumen inmitten von müllgetränkter Erde. Unser zweiter Halt war an einem Ort, den die Kinder scherzhaft "piscina" (Schwimmbad) nennen. Dieses Schwimmbad entpuppte sich als braunes Wasserloch inmitten eines riesigen Müllberges. Ein paar Kinder sprangen unerschrocken samt Klamotten in die dunkle Brühe hinein. tauchten und paddelten im Kreis, als wären sie in einem Badeparadies. Mir kam der Gedanke, dass dieses dreckige Wasserloch dies für die Kinder wohl tatsächlich war. Gleich daneben wusch eine Mutter einen großen Berg Kleidung in verschiedenen Plastikwannen. Es war ein bizarrer Anblick, der sich unseren Augen bot. Für die Bewohner La Tortugas ist es das Natürlichste der Welt.
Die Ludoteca, welche vor vielen Jahren von Spaniern in La Tortuga errichtet wurde, hatten Künstler im vergangenen Jahr gemeinam mit den Kindern in ein wunderschönes Kunstwerk verwandelt. Beim Eintreten empfing mich eine Meereslandschaft voller Farben und traumhafter Szenarien. Ich bestaunte die malerische Veränderung eine ganze Weile, bevor ich mich dem Kreis anschloss, der sich in der Mitte des Raumes gebildet hatte. Wir sangen und spielten und lasen Geschichten, die ich aus meiner eigenen Kindheit kenne. In diesen Momenten sind wir alle wieder Kinder und die sonst so himmelschreienden Unterschiede zwischen den Kindern La Tortugas und uns Stadtkindern werden für einen Augenblick ganz klein. Bis der Bus uns abholen kam und aus der unglaublichen Welt der Fischer in das bunte Treiben Piuras zurückbrachte.
Mittwoch, der 19. Juli 2017
Die Hälfte meiner Zeit hier in Piura ist bereits vorbei und ich komme kaum hinterher, euch von allem zu berichten, was ich erlebe. Hinter mir liegen unter Anderem ein wunderschöner Ausflug zu den idyllischen Wasserfällen Caracuchos in der Provinz Morropón, 2 köstliche Abendessen bei Gaby (der Chefin von CANAT) mit spanischen, französischen und deutschen Freiwilligen, viele Besprechungen und Teambuildingaktionen mit allen Mitarbeitern CANATs, fröhliche Abende in meiner Gastfamilie und ein nächtlicher Besuch auf dem Fischmarkt Piuras (wovon ich euch das nächste Mal erzähle). Während meine Nachmittage unter der Woche vom Programm der Ludotecas erfüllt sind, verbringe ich die meisten Vormittage in ASPOV, einer Einrichtung, die mir ebenfalls sehr am Herzen liegt.
„ASociación POr la Vida“ bedeutet "Verband für das Leben" und ist die einzige Organisation im Norden Perus, die sich um Menschen mit HIV bzw. AIDS kümmert. Ihre Mission ist es, die Lebensqualität der Betroffenen, die sich zudem in extremer Armut befinden, zu verbessern. In gemeinsamer Arbeit mit dem Umfeld möchte ASPOV umfassende Hilfe für die HIV-Infizierten leisten, um ihnen ein würdiges Leben innerhalb der Zivilgesellschaft und deren öffentlichen Institutionen zu ermöglichen. Dies geschieht durch ärztliche und psychologische Beratung, Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln, sowie Begleitung und Hilfe bei allen Problemen, die die Krankheit für die Infizierten mit sich bringt.
ASPOV setzt sich für die Rechte der Betroffenen ein und kämpft gegen ihren Ausschluss aus der Gesellschaft, den Krankenhäusern und sogar aus ihren eigenen Familien. In Peru herrschen immer noch eine große Stigmatisierung und irrationale Ängste gegenüber HIV-Infizierte aufrund von Unwissenheit über die Ansteckungswege der Krankheit. Viele Menschen glauben tatsächlich, dass HIV beim Essen vom gemeinsamen Teller, Benutzung der gleichen Seife oder durch einen Kuss übertragen werden kann. Durch diese falschen Vorstellungen werden HIV und AIDS zu Tabuthemen gemacht. Daher ist ein weiteres Ziel von ASPOV die Gesellschaft über HIV/AIDS und Verhütung aufzuklären, um die Menschen für die Relevanz der Krankheit zu sensibilisieren und ihnen ihre eigene Verantwortung deutlich zu machen.
Darüber hinaus betreibt ASPOV eine Herberge für Kinder mit HIV, deren Eltern auf Grund der Krankheit und ihrer finanziellen Mittel nicht in der Lage sind, diese ausreichend zu versorgen.
Als ich Anfang 2014 für einige Wochen in der Organisation mithalf (siehe unten: "Der Tropfen im Meer"), lebten noch 9 Kinder in der Herberge. Heute sind es nur noch 3 Geschwister, welche die Räumlichkeiten bewohnen, die anderen wurden wieder in ihre Familien integriert. In den letzten Jahren hat sich die Arbeit ASPOVs immer weiter in die Familien hineinverlagert, da man feststellte, dass dies der effektivste Weg ist, um den Betroffenen zu helfen. So fokussieren sich die Mitarbeiter der "Asosiacion por la vida" auf Besuche der Patienten in ihren Behausungen und den einzigen 2 Krankenhäusern in der Region Piura, die HIV-Infizierte behandeln. ASPOV kümmert sich insgesamt um 413 Personen im Norden Perus, die mit dem HI-Virus infiziert sind. Darunter befinden sich 35 Kinder, 9 schwangere Frauen und 35 Babys, von welchen man noch nicht sicher sagen kann, ob sie HIV haben oder nicht. Von den Familien aller Betroffenen wurden 70 ausgewählt, die sich in extremer Armut befinden und daher besonderer Hilfe bedürfen.
An den Vormittagen, welche ich in ASPOV verbringe, begleite ich die Sozialarbeiter bei ihren Hausbesuchen und ins Krankenhaus. Wir verteilen Lebensmittel an die Familien und Windeln an junge Mütter. Die infizierten Frauen gebären ihre Kinder durch Kaiserschnitt, geben ihnen Milch mit dem Fläschchen und verabreichen aller 12 Stunden ein Medikament, welches die Ansteckungsgefahr der Babys auf etwa einen Prozent verringert. Dank der engmaschigen Betreuung durch die "Asociacion por la vida" kommen die Babys der Betroffenen fast immer gesund zur Welt. Es ist jedesmal ein rührender Anblick, die ein oder zwei Tage alten Wesen friedlich neben ihren Müttern schlafen zu sehen. Noch wissen sie nichts von dem Schicksal ihrer Eltern, vor dem sie mit großer Wahrscheinlichkeit bewahrt worden sind. Es wird ihr Leben trotzdem prägen werden.
ASPOV möchte neben Lebensmitteln und Medikamenten auch Informationen über die Krankheit in die Familien der Betroffenen bringen. Oft besteht jedoch die erste Aufgabe darin, ein wenig Ordnung in das Chaos der Behausungen zu bringen. Die Zustände, in denen die betroffenen Kinder leben, sind teilweise erschreckend. Dreckiges Geschirr, Essen auf dem Boden und Hühner, die im Haus herumlaufen. Große Familien auf engstem Raum lebend, in denen keinerlei Wert auf Sauberkeit und Ordnung gelegt wird, sind keine Seltenheit. Das Chaos in ihrem Leben zeigt sich in den Wohnungen wie nirgendwo sonst. Die Krankheit macht es nicht einfacher. Gerade deshalb betont ASPOV immer wieder, wie wichtig die Hygiene und Ordnung für die HIV-Infizierten ist. Sie müssen besonders auf sich Acht geben und regelmäßig ihre Medikamente einnehmen, um dem Ausbruch von AIDS keine Chance zu geben. Die Arbeit mit den Familien ist essentiell, da nur durch ihre Mithilfe die Therapie gelingen kann.
Vergangenen Sonntag traf sich das Team ASPOVs zu einer besonderen Aktion. Die Mutter der 3 in der Herberge verbliebenen Kinder hatte ein kleines Terrain in einem "asentamiento humano" (Außensiedlung) erworben, auf dem sie ihr neues Haus errichten möchte. Der gerade erst entstehende Bezirk liegt sehr abgelegen und hat noch nicht einmal einen Namen. Menschen, die in den Überschwemmungen alles verloren haben, beginnen dort, eine neue Existenz aufzubauen. So auch die Mutter von Pamela, Aracely und Juan aus ASPOV. Wir halfen, das Terrain zu säubern, indem wir alles Geäst und Müll darauf verbrannten und anschließend die Reste wegfegten. Nachbarn kamen zur Hilfe, um tiefe Löcher zu graben, in die wir Holzpfähle zur Absteckung des Grundstückes steckten. Anschließend wurde alles mit Maschendraht umzäunt. Bevor richtige Wände errichtet werden können, muss die Gemeindeverwaltung das Grundstück erst eintragen und genehmigen. Das kann jedoch leider ewig dauern, haben sie mir erzählt. Das abgesteckte Terrain ist zumindest ein Anfang. Solange sie auf die Genehmigung wartet, lebt die Mutter mit ihrer jüngsten, nicht HIV-infizierten Tochter Ruth in der kleinen Behausung vor dem Terrain. Nächstes Jahr kommt ihre älteste Tochter Pamela aus der Herberge dazu, die ebenfalls gesund ist und mit 18 Jahren nicht mehr dort leben kann. Für sie wird es sehr schwer sein, sich von dem Leben in der schönen Herberge zu verabschieden. Aber ihre Mutter, die zu der HIV Krankheit auch noch das Down-Syndrom hat, braucht sie zu Hause und das weiß Pamela.
Die Familie hat sehr viele Päckchen zu tragen. Neben der kranken Mutter und einer infizierten Tochter, leidet der ebenfalls infzierte 10-jährige Juan zudem an einer geistigen Retardierung und einer Schizophrenie des Kindesalters. Seine Stimmungsumschwünge sind innerhalb eines Jahres enorm geworden. Mal umarmt er alle überschwänglich und grinst über beiden Ohren,redet mit einem Blatt Papier und drückt es für einen Kuss an sein Gesicht, dann schreit er im nächsten Moment wie ein Baby, zieht an Haaren und schlägt um sich als würde man ihn bedrohen. Er bekommt ein Antipsychotikum und ein Antiepileptikum zur Beruhigung, aber die grundlosen Ausbrüche bleiben vorhanden. Die Herberge ist nicht der richtige Ort für Juan, dass hat man schon längst erkannt. Jedoch gibt es in Piura keine psychiatrische Einrichtung für Kinder und andere Heime möchten ihn aufgrund seiner Agressivität nicht aufnehmen. Seit 2 Monaten geht Juan auch nicht mehr zur Schule, da er in der in Peru nun überall eingeführten Inklusionsschule ebenfalls nur störte und seine Mitschüler*innen schlug. In ASPOV suchen alle verzweifelt nach einer Lösung, doch alle bisherien Versuche waren zum Scheitern verurteilt.
Als ich heute in der Herberge an diesem Bericht schrieb, kam Juan verschlafen ins Büro geschlurft und verlangte nach Aufmerksamkeit. Ich gab ihm Blätter und Stifte in die Hand und er kritzelte ein paar Striche darauf. Dann schrie er "Ya", was "fertig" bedeuten soll und gab mir zu verstehen, dass er die Bilder aufhängen wollte. Also klebten wir seine 8 Bilder mit den wenigen schwarzen Strichen an verschiedene Wände im Büro. Juan ging zu jedem, um sein Werk stolz zu zeigen. Natürliche beglückwünschte ihn jeder für seine Kritzelbilder als wäre er ein grosser Künstler. In Momenten wie diesen denke ich, dass wir doch letztendlich alle nach dem Gleichen streben: nach Freude, Liebe und einem gewürdigten Leben.
Eine weitere Sorge der Organisation ASPOV ist die Finanzierung der Herberge und der Hilfsprogramme für die 70 Familien. Durch die Überschwemmungen haben sich wichtige Spender Piuras zurückgezogen und somit sind die Mittel im Moment sehr knapp. Alle hoffen auf bessere Zeiten. Von Seiten der Regierung ist über die Grundversicherung der Ärmsten hinaus leider keine Unterstützung zu erwarten. Aber die "Asociación por la vida" gibt nicht auf und kämpft Tag für Tag weiter für die Rechte der Menschen mit HIV, welche ebenso ein würdiges Leben verdienen, wie alle anderen auch.
Fragt ihr euch auch manchmal, was wohl in diesem Moment an anderen Orten der Welt geschieht, über die niemand berichtet? Oder geht es euch auch so, dass Ereignisse, die nur kurz in den Nachrichten erwähnt werden und zu denen ihr keinen näheren Bezug habt, schnell wieder in Vergessenheit geraten?
Ein solches Ereignis, welches im März diesen Jahres nur kurze Erwähnung in den deutschen Nachrichten fand, ist das Klimaphänomen "El niño costero" (Das Küstenkind), dessen Folgen jedoch bis heute in den betroffenen Gebieten zu spüren sind. Diese Klimaanomalie führt seit mehr als 150 Jahren in zwei bis siebenjährigen Abständen zu einer ungewöhnlich hohen Erwärmung des Meeres an den Pazifikküsten Perus und Ecuadors (siehe auch: http://www.elnino.info/k1.php). Das Warmwasser an der Oberfläche des Meeres, welches Temperaturen von bis zu 29ºC erreicht, verdampft sehr schnell, was wiederum zu einer instabilen Atmosphäre und konstantem Regen führt. Die ersten Anzeichen des letzten "El Niño costero" begannen Ende November 2016 in Peru, welches davor eine schwere Dürre zu verkraften hatte. Die heftigsten Regenfälle seit den letzten 18 Jahren führten hier zu Überschwemmungen und gewaltigen Erdrutschen, welche ganze Städte und Agrargebiete zerstörten.
Am 3. Februar 2017 erklärten die Regionen im Norden Perus, darunter auch Piura, den Ausnahmezustand. Danach wurde es immer schlimmer: sinnflutartige Regenfälle begleitet von heftigen Gewittern ließen Flüsse übertreten und Brücken einstürzen. Das Hab und Gut vieler Menschen wurde aus den überfluteten Häusern weggespült und sogar ganze Gebäude wurden fortgerissen. Transportwege wurden versperrt, was zu fehlender Wasser- und medizinischer Versorgung sowie steigenden Preisen führte. Das in den Straßen der Stadt stehende Wasser diente als Brutstätte für Mosquitos, die das lebensbedrohliche Dengue-Fieber und andere Krankheiten übertrugen. Krankenhäuser und Hilfsorganisationen traf der Ausnahmezustand unvorbereitet. Menschen wurden durch die Wassermassen isoliert und mussten unter Todesangst auf ihren Dächern ausharren bis von irgendwo Hilfe kam.
Am 31. März 2017 veröffentlichte die INDECI (Nationales Institut zur zivilen Verteidigung) einen Bericht über die Auswirkungen des "niño costero" bis zu jenem Zeitpunkt. Dieser spricht von 101 Toten, 353 Verletzten, 19 Vermissten, 141.000 Obdachlosen und fast eine Millionen landesweit Betroffener. Dabei hat der Norden Perus die gravierendsten Schäden zu verzeichnen. In Piura sind diese bis heute noch überall zu sehen.
Das Übertreten des Flusses "Piura" hatte Straßen und Parks mit Schlamm und Wasser bis zu einer Höhe von 1,5 Metern bedeckt und eine Spur der Verwüstung zurück gelassen. Sehenswürdigkeiten wie der "Plaza de Armas", das Einkaufszentrum "Open Plaza", die Unversität und das Krankenhaus sowie mehrere Regierungsgebäude und 6000 Hektar Agrarland wurden überflutet. In der ganzen Stadt haben die Wassermassen tiefe Löcher hinterlassen, die nun nach und nach ausgebessert werden sollen. Häuser sind beschädigt worden und viele Menschen haben alles verloren, was sie darin besaßen. Besonders die Ärmsten in den Außenbezirken lebenden haben mit den Folgen der unvorhergesehen Klimakatastrophe zu kämpfen. Viele von ihnen wurden während der Überschwemmungen in Notfallcamps untergebracht und wohnen noch heute dort, weil sie keinen Ort haben, an den sie zurück kehren könnten. Für sie bedeutet das, ihre Existenz komplett neu aufbauen zu müssen.
Das Zentrum für arbeitende Kinder und Jugendliche CANAT war während der gesamten Überschwemmungen geöffnet und leistete in vielen Bereichen Hilfe und Unterstützung für die betroffenen Familien. Es kümmerte sich um die Verteilung von Medizin, Lebensmitteln, Trinkwasser und Mückenschutz, klärte über Krankheiten wie das sich stark verbreitende Dengue-Fieber auf und setzte sein Programm in den Ludotecas ununterbrochen fort. Gerade für die Kinder war es besonders wichtig, einen Anker in diesen furchtbaren Monaten zu haben. Für die meisten Familien war "El niño" ein Schock, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellte. Die Schäden nach dem Ende des Regens waren natürlich nicht nur materieller Art. Menschen hatten ihre Liebsten verloren, Kinder hatten Bilder von umstürzenden Bäumen, reißenden Fluten und donnernden Blitzen im Kopf.
Diesen Bildern wollte man in einer besonderen Kunstaktion einen Ausdruck geben und ihnen somit ein wenig die Furcht nehmen. Die Initiative "Arte para todos" (Kunst für Alle) entwickelte im Juni das Projekt "El Arte como medio en la recuperación emocional de los niños después de las lluvias" (Kunst als Mittel emotionaler Genesung der Kinder nach dem Regen) und lud Kinder aus verschiedenen Einrichtungen Piuras dazu ein. Auch viele Kinder Manitos Trabajandos, Manitos Jugandos und Manitos Creciendos nahmen an dem therapeutischen Kunstprojekt teil.
Zunächst wurde mit den Kindern über ihre Erfahrungen mit "El niño costero" und die Folgen der Überschwemmungen gesprochen, wobei sie ihre Bedürfnisse äußern und gemeinsam Lösungen für Probleme überlegen konnten. Dann wurden die Kinder gebeten, etwas von dem, was sie beschäftigt, in einem Bild darzustellen. "Arte para todos" half 230 Kindern dabei, durch verschiedene Maltechniken ihre Gefühle auszudrücken. Das originelle Kunstprojekt wird seit dem 22. Juni im Museum "Vicus" in Piura unter dem Titel "Las lluvias en la mirada de los niños" (der Regen in den Augen der Kinder) ausgestellt.
Vergangenen Dienstag habe ich mir die entstandenen Werke dort angesehen und war schwer beeindruckt. Kinder zwischen 3 und 18 Jahren hatten ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit "El niño" in mühevoller Kleinteiligkeit auf Papier gebracht. Die tiefe Erschütterung, welche aus den Bildern sprach, bewegte mich sehr. Manchmal konnte ich ganze Erlebnisse rekonstruieren - grelle Blitze, die in Bäume einschlugen, Menschen bis zur Brust im braunen Wasser steckend, Tiere, die von den Massen mitgerissen wurden, Rettungsaktionen von Hausdächern mit dem Helikopter. Jedes Bild war so individuell und doch sprachen sie alle von Verzweiflung, Angst und Verlust. Besonders berührte mich das Bild eines 8 Jährigen Mädchens, welches ihr Haus darstellte, in dem sie - dem Unwetter zum Trotz - Hand in Hand mit ihren Eltern um den Essenstisch steht und betet. Wahrscheinlich war dies das einzige, was für viele in diesen schrecklichen Monaten blieb: der unerschütterliche Glaube an Gott.
"Arte para todos" weiß, dass Kunst ein sehr wichtiger Weg für Kinder ist, um sich auszudrücken. "Die erlebten Emotionen während der Überschwemmungen konnten sich auf diese Weise entladen. Ziel des Kunstprojekts war es, sich zu verbinden, um diesen Moment zu überwinden und unser Leben gemeinsam wieder aufzubauen."
Es ist Donnerstag, 4 Uhr morgens und ich sitze auf der kleinen Mauer am Hauseingang, müde und gespannt zugleich. Die Straße liegt verlassen im matten Licht der Laternen und ich genieße die ungewohnte Ruhe, die mich umgibt. Doch nur einen Moment hält die wohltuende Stille an, dann wird sie von einem Hupen unterbrochen. Guido, peruanischer Freiwilliger bei CANAT, holt mich mit seinem Motorroller ab. Die Nacht ist ungewöhnlich kühl und trotz 2 übereinandergezogener Pullover fröstelt es mich. Doch dadurch werde ich wach und meine Sinne können besser aufnehmen, was ich in der nächsten Stunde sehen darf: "El Mercado Minorista de Pescado" - den größten Fischmarkt Piuras. Hier kommt der in den letzten Stunden gefangene Fisch in riesigen Lastern an und wird an die verschiedenen Händler verkauft, welche damit dann wiederum Geschäfte machen. Laut Guido kommen jede Nacht ab 3 Uhr schätzungsweise 2000 Menschen auf diesem Markt zusammen um den Reichtum des peruanischen Pazifiks zu erwerben und weiterzuverkaufen.
Stimmengewirr, hektisches Treiben und penetranter Fischgeruch umhüllen uns beim Betreten der gigantischen Halle. Auf den aneinandergereiten Plastiktischen sehe ich so viele Fischarten, wie nie zuvor in meinem Leben. Ich entdecke schillernde Forellen, gigantische Seehechte und glibbrige Tintenfische. Die meisten Fische sind mir unbekannt und ich staune über die Vielfalt und vor allem Menge, die in einer Nacht allein für Piura aus dem Meer gefischt wird. Die peruanische Pazifikküste zählt zu den fischreichsten Gebieten der Welt. Der Fischfang und dessen Verarbeitung gehört neben der Landwirtschaft und den Bodenschätzen zu den wichtigsten Exportzweigen Perus. Dabei finden rund 33 % aller Erwerbspersonen im Agrarsektor, einschließlich Forstwirtschaft und Fischerei, ihr Auskommen.
Mehr als 50 Lastwägen bringen die Beute aus dem Pazifik auf den "Mercado Minorista" in Piura, verkaufen sie kistenweise und machen damit jeweils einen Umsatz von rund 10000 Soles (knapp 3000 Euro) jede Nacht, erzählt mir Guido. Ich bewundere die Menschen für ihren Eifer beim Kauf und Verkauf der Fische in so früher Stunde, während in mich langsam die Müdigkeit zurückkroch. Wir schlendern durch den gesamten Bereich der Fische und Meerestiere und wechseln danach in die nächste große Halle, in der sich uns dasselbe Schauspiel mit frisch geerntetem Obst und Gemüse bietet. Zwischen Frauen und Männern entdecke ich auch viele Kinder und Jugendliche, die mit ihren Karren schwere Säcke schieben. Auf dem Fischmarkt finden strenge Kontrollen der Regierung statt, in den anderen Bereichen wiederum interessiert es keinen, ob Minderjährige nachts ihre Eltern unterstützen. Ich beobachte mit Ehrfurcht ihre Zielstrebigkeit bei der Arbeit. Aus den jungen Gesichtern spricht so viel Erfahrung und ihre Handgriffe waren Routine - für sie ist es eine Nacht wie jede andere.
Ich weiß zum Glück, dass auch auf diesem Markt jedes Jahr Kinder für die Programme CANATs rekrutiert werden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dem Teufelskreis des frühen Schulabbruchs und somit der Chancenlosigkeit zu entfliehen.
Am Ende unseres nächtlichen Ausflugs kaufe ich ein Kilo Seehecht und ein Kilo Makrelen für umgerechnet unfassbare 1,30 Euro und bringe es meiner peruanischen Familie mit. Wir bereiten daraus Ceviche und eine sehr leckere Fischsuppe, die sehr leicht nachzukochen ist und deren Rezept ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte ;-)
Viel Spass bei der Zubereitung!
Zubereitungszeit : 30 Minuten
Kochzeit: 75 Minuten
Zutaten (für 10 Personen):
- 1/4 Tasse Pflanzenöl
- 2 Zwiebeln, gehackt
- 3 Tomaten, gehackt
- 4 Knoblauchzehen, fein gehackt
- 2 EL Tomatenmark
- ¾ TL Oregano, getrocknet
- 2 frische Chilischoten, halbiert und entkernt
- 2 Lorbeerblätter
- 15 Tassen Wasser
- 2 Tassen Weißwein
- 2 Seehechte, Köpfe vom Hinterleib trennen
- 4 grosse Kartoffeln, geschält und in Stücke geschnitten
- ¾ Tasse Reis
- ½ Tasse Erbsen
- ½ Tasse Karotten, gehackt
- 1 Maiskolben
- 4 Eier, leicht geschlagen
- ½ Tasse Kondensmilch
- ½ Tasse Frischkäse, in Würfel geschnitten
- 10 weiße Fischfilets
- 7 EL Mehl
- Salz
- Pfeffer
Zubereitung:
Öl in einem grossen Topf erhitzen, die Zwiebeln glasig anbraten. Tomaten, Knoblauch, Tomatenmark , Oregano, Lorbeer und Pfeffer hinzufügen. 3 - 4 Minuten anbraten, dann Wasser, Weißwein, Fischköpfe und Hinterleibe der Seehechte hinzufügen. Zum Kochen bringen und dann bei mittlerer Hitze zwischen 45 Minuten und 1 Stunde köcheln lassen.
Die Flüssigkeit aus dem Topf sieben und wieder zurückgeben. Kartoffeln, Reis, Erbsen, Mais und Karotten hinzufügen und kochen lassen.
Die leicht geschlagenen Eier, Kondensmilch und Frischkäse zum Schluss hinzufügen.
Die mit Salz und Pfeffer gewürzten Fischfilets in Mehl wenden und anbraten lassen. Sie werden zu jedem Suppenteller dazugelegt. Wer möchte, kann Brot dazu reichen.
BUEN PROVECHO! :-)
Piura befand sich vergangene Woche in festlicher Stimmung und präsentierte voller Stolz sein rot-weiß-rotes Kleid. Anlass dessen war die 196-jährige Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialherrschaft, welche Peru jedes Jahr am 28. Juli und an den darauf folgenden Tagen zelebriert. Die "Fiestas Patrias", wie die Nationalfeiertage hier genannt werden, sind für viele Peruaner ein lang ersehntes Fest, an dem sie stolz ihrer Traditionen, Gerichte und reichen Kulturgüter gedenken. Das lange Wochenende, das stets von einer Messe, Festreden und Militärsparaden eingeleitet wird, nutzen viele, um zu verreisen oder um mit ihrer Familie zusammen zu sein.
Letzteres tat auch ich, wobei meine Familie hier neben meiner kleinen peruanischen Gastfamilie ebenso das gesamte Team von CANAT ist. Im Moment herrscht ein reger Wechsel unter den Freiwilligen - alle SpanierInnen, FranzosInnen und Deutschen (bis auf ich) sind in die Selva (Regenwald) gefahren, wohingegen jedoch auch 16 neue SpanierInnen angekommen sind. 10 von ihnen sind Teil der Gruppe "Creciendo Juntos" (Gemeinsam wachsen), die seit einigen Jahren immer über die "fiestas patrias" ein buntes Ferienprogramm für alle Kinder CANATs zwischen 7 und 18 Jahren anbieten. Diese sogenannten "vacaciones divertidas" (lustigen Ferien) sind für die meisten Kinder das Highlight des Jahres, da sie für vier Tage bei ausgelassem Spiel, Sport und Gesang ihren Alltag völlig hinter sich lassen können. Das Team von "Creciendo Juntos" reist in alle drei Landschaftszonen Perus; costa (Küste), sierra (Berge) und selva (Regenwald), um dort ihr phänomenales Ferienprogramm in verschiedenen Kinder- und Jugendeinrichtungen durchzuführen. Dieses Jahr stand das ganze Projekt unter dem Motto "lo esencial es invisible para los ojos" (das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar) und fand im Rahmen einer Zauberschule statt, in welcher die Kinder als Riesen, Zentauren und andere magische Wesen verschiedene Aufgaben erfüllen durften, um das "Diplom der Magier" zu erhalten.
Es wurde gesungen und getanzt, gerannt und gerangelt, gebastelt und gemalt und natürlich auch gut gegessen. Ich half in der Küche mit, da Mittagessen für etwa 150 Kinder und 30 Betreuer zuzubereiten jede Menge Arbeit bedeutet, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. An drei Tagen gab es Reis mit einem bestimmten Püree (Kartoffel, Mais oder Linsen) und dazu Hühnchen, Rind- oder Schweinefleisch. Einmal servierten wir grüne Nudeln. Zu jedem Essen gab es immer ein anderes Getränk und Obst dazu. Petito, die Köchin hatte alles bestens organisiert, war aber natürlich auf Hilfe angewiesen. Zum Glück packten auch die 6 anderen Neuankömmlinge kräftig mit an, sodass nach dem Essen alle von sich sagen konnten: "barriga llena - corazón contento" (Bauch voll - Herz zufrieden).
Am freien Montag entfloh ich mit meiner Gastmama und ihrem jüngsten Sohn der staubigen Hitze Piuras in das 1100 Meter höher gelegene Canchaque. Das zwischen grünen Hügeln eingebettete Bergdorf ist einer der ersten Orte, die ich damals nach meiner Ankunft in Peru vor 4 Jahren besuchte. Wieder dort zu sein, fühlte sich an wie eine Reise in die Vergangenheit. Das friedliche Dörfchen fand ich genauso sauber und idyllisch vor wie damals. Der berühmte Wasserfall "Los Peroles" hatte seit ich zum ersten Mal den Sprung ins kalte Wasser wagte unendlich viele Tropfen hinabfließen sehen. Damals lag das gesamte Jahr noch vor mir. Jetzt bin ich um so vieles reicher und dankbarer für mein Leben, dass sich aus den Entscheidungen meiner Vergangenheit formte.
Heute Abend fahre ich fort aus Piura, hinauf in den Norden, über die Grenze bis nach Quito. Dort treffe ich Sebi und wir werden uns in ein Abenteuer inmitten des ecuadorianischen Regenwaldes stürzen. Bleibt gespannt, was ich euch berichte!
Der Regenwald fasziniert mich bereits seit meiner Kindheit, in der ich das „Dschungelbuch“ kennen lernte. Mogli‘s Welt erschien mir so wild, so abenteuerlich und unzähmbar, dass ich mir damals nicht vorstellen konnte, wie Menschen dort eindringen und sich auszubreiten vermochten. Später wurde ich leider eines Besseren belehrt.
Pro Minute schrumpft der Regenwald um unfassbare 35 Fußballfelder; das sind jährlich etwa 13 Millionen Hektar – also beinahe die Größe von Griechenland. Die Jahrtausende alten Wälder werden skrupellos von großen staatlichen und privaten Firmen abgeholzt und brandgerohdet, um sie anschließend in Palmöl- oder Sojaplantagen umzuwandeln oder für Tausende von Rindern eine Weidefläche zu schaffen, deren Fleisch wiederum in die USA oder nach Europa verkauft wird. Korrupte Regierungen genehmigen den Bau von Großstaudämmen auf den abgerohdeten Flächen zur Energiegewinnung oder wollen an darunter verborgene Bodenschätze wie Eisenerz, Gold, Öl oder Gas gelangen. Und nicht zuletzt werden abgeholzte Bäume zu Tropenholzmöbeln oder Papier verarbeitet, das auch ich wir hier tagtäglich nutzen.
In der Schule veranstalteten wir jedes Jahr einen Regenwaldlauf, bei dem wir für jede gelaufene Runde durch einen persönlichen Sponsor Geld sammeln sollten, das einem Regenwaldschutzprojekt zu Gute kam. Und seit ein paar Jahren verwende ich „Ecosia“, eine Suchmaschine, welche mit ihren Werbeeinnahmen Bäume im Regenwald pflanzt. Das Wort „Regenwald“ besaß darum für mich stets einen bitteren Beigeschmack und lange dachte ich als erstes an die grausame Zerstörung der Natur anstatt an jene unbändige Schönheit, der ich im „Dschungelbuch“ begegnet war.
Für mich war daher klar: wenn ich den Regenwald eines Tages tatsächlich kennen lernen werde, dann will ich ihn auf eine Art entdecken, die ihm nicht schadet und vielleicht sogar den dort lebenden Menschen nützt. Auf der Suche nach einer Unterkunft für Sebi und mich im ecuadorianischen Regenwald bin ich letztendlich auf die „Greenforest Ecolodge“ im Cuyabeno Nationalpark gestoßen. Die von den Betreibern propagierte Art von Tourismus sprach mich direkt an. Es handelt sich um das Konzept des sogenannten „Ökotourismus“, der von der Ecotourism Society folgendermaßen definiert wird: "Ecotourism is responsible travel to natural areas that conserves the environment and sustains the well being of local people".
Die Green Forest Eco-Lodge im ecuadorianischen Naturreservat Cuyabeno nahe der kolumbianischen Grenze ist ein Paradebeispiel für praktizierten Ökotourismus. Sie macht Nachhaltigkeit zu ihrer Priorität Nummer 1 mit der Vision, die natürliche Schönheit des Regenwalds zu erhalten. Der Cuyabeno Nationalpark ist mit einer Gesamtfläche von 6030 Quadratkilometern einer der weltweit größten letzten Wildnisgebiete. Die Eco-Lodge möchte mit ihrem Konzept des Ökotourismus dazu beitragen, dass das auch so bleibt.
Gleichzeitig kommen maximal dreißig Touristen in den Bungalows aus Holz und Bambus unter. Um erst einmal dorthin zu gelangen, fuhren wir 8 Stunden mit dem Nachtbus von Quito nach Lago Agrio, von wo aus die geplante Tour begann. Ein gelber Schulbus setzte uns 2 weitere Stunden später am gemeinsamen Treffpunkt ab. Teil unserer Reisegruppe waren 9 weitere Touristen aus England, Australien und Spanien und unser einheimischer Guide, sodass wir uns zu zwölft auf eine 2-Stündige Bootsfahrt begaben, bevor wir endlich die Eco-Lodge erreichten.
Eingebettet inmitten wilder Natur versprüht die Lodge eine ursprüngliche und zugleich moderne Atmosphäre. Der Strom in der Green Forest Ecolodge wird komplett aus Solarenergie gewonnen, was eine große zwischen den Hütten plazierte Solarplatte möglich macht. Das Wasser zum Duschen und Waschen kommt gefiltert aus dem Fluss und die bereitstehenden Hygieneartikel sind biologisch abbaubar. Trinkwasser gibt es nur in großen Kanistern, welche mit dem Boot aus der nächstgelegenen Stadt in die Lodge gebracht werden. Das Essen wird organisch und nachhaltig in einer indigenen Gemeinde in der Nähe der Lodge angebaut, wodurch die kleinbäuerliche Landwirtschaft in den ländlichen Gebieten rund um die Ecolodge unterstützt wird. Alle organischen Abfälle werden kompostiert und als Dünger im Gemüsegarten verwendet. Andere Abfälle werden gesammelt und nach Möglichkeit recycelt; was sonst nicht recycelt werden kann, wird in die nächstgelegene Stadt zur Entsorgung gebracht.
Die Green Forest Ecolodge zielt darauf ab, das Leben in den lokalen Gemeinschaften durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, Investitionen und durch Förderung der Bildung, zu verbessern. So sind alle in und um die Lodge arbeitenden Menschen lokale Einheimische, welchen das Wohl und die nachhaltige Pflege ihrer Heimat natürlich besonders am Herzen liegt.
Bei den vielen Ausflügen mit dem Boot und zu Fuß, bei Tag und bei Nacht entdeckten wir einen Regenwald, in dem die Tiere noch eine Stimme haben und die Menschen im Einklang mit der Natur aufwachsen, da sie ihre Lebensgrundlage ist. Unser Guide erzählte uns, dass sich die verschiedenen Lodges entlang des Flusses immer untereinander absprechen, welche Wege sie mit den Touristen wählen, damit die Natur nicht zu sehr belastet wird und die Tiere ihren natürlichen Lebensraum behalten.
Wir sahen Affen von Baum zu Baum springen, Faultiere reglos in den Ästen hängen, eine lauernde Boa und eine sich sonnende Anakonda, exotische Vögel und rosa Flussdelphine, Piranhas an der Angel und andere Fische auf dem Tisch, bunte Frösche und essbare Ameisen, handtellergroße Schmetterlinge und eine tellergroße Tarantel. Wir stapften mit Gummistiefeln durch das Dickicht des Urwalds, besuchten eine indigene Kommunität in der wir ein traditionelles Brot aus der Yuca-Wurzel herstellten und uns von einem Schamanen das Schießen mit Giftpfeilen zeigen ließen, wir paddelten 11 Kilometer Flussabwärts und badeten jeden Abend in der großen Lagune bei einem atemberaubenden Sonnenuntergang. Jeder Tag war ein Abenteuer und ich war sehr froh einmal 5 Tage ohne Netzempfang und sogar ohne Spiegel zu leben. Ich fühlte mich frei und befreit von so mancher Gedankenlast. Der Regenwald führte mir das ursprüngliche vor Augen und strahlte eine unendliche Ruhe aus, die auf mich überschwappte, zumindest für einen Moment.
Tagsüber nahmen unsere Sinne so viel Neues auf, dass es bei Anbruch der Dunkelheit richtig wohltuend war, die Umgebung nur noch mit den Ohren wahrnehmen zu können. Die Geräusche des Regenwalds werden nachts umso lauter, wenn die Grillen ihr monotones Lied anstimmen und die nachtaktiven Tiere ihre Stimme erheben. Jeden Abend lagen wir mit offenen Ohren unter unserem schützenden Moskitonetz und lauschten der Melodie der Wildnis, in die irgendwann auch der Regen einsetzte. Ich empfand eine tiefe Verbundenheit mit der Natur, die hier noch so ursprünglich und heil ist. In diesen Momenten war ich mir sicher, dass das nachhaltige Konzept der Greenforest Ecolodge es möglich machen konnte, dass auch noch in vielen Jahren die Menschen an diesem Ort den unendlich tiefen Sternenhimmel bewundern werden, der sich draußen über uns spannte.
Ich habe noch nie so tief in einer Sache gesteckt.
Ich habe mich noch nie so fern von daheim so zu Hause gefühlt.
Ich habe noch nie so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und gemerkt, dass mich mit jedem etwas verbinden kann.
Ich habe noch nie so vielen fremden Menschen vertraut und so viel von fremden Menschen anvertraut bekommen.
Ich habe noch nie so viel geben können. Ich habe noch nie so viel mehr erhalten, als ich geben konnte.
Ich habe mich von den Wellen des Meeres umhauen lassen und von der bedingungslosen Liebe der Kinder Perus.
Ich habe Feuer am Strand entfacht und Feuer in mir entfachen lassen.
Ich bin von einer Brücke gesprungen und habe versucht, Brücken zwischen Menschen zu bauen.
Ich habe Täter und Opfer gleichermaßen verstehen gelernt.
Ich habe zwei Häuser gebaut.
Ich habe mein erstes eigenes Lied geschrieben.
Ich habe im Gefängnis gesungen.
Ich habe Kindern auf meinen Füßen um die ganze Welt fliegen lassen.
Ich bin noch nie so planlos gereist und habe mich einfach von der Neugier leiten lassen.
Ich habe noch nie so viele Nächte im Bus verbracht.
Ich habe zwölf Monate Sommer gelebt.
Ich hatte noch nie so viele Sonnenbrände.
Ich habe noch nie so vielfältige Natur gesehen.
Ich habe noch nie so viel köstliches Essen probiert.
Ich habe noch nie so viel zugenommen.
Ich habe noch nie so viele Komplimente bekommen.
Ich wurde noch nie so oft gebeten, meine Augen zu verschenken.
Ich wurde noch nie so oft eingeladen.
Ich habe noch nie so viel getanzt.
Ich habe noch nie so viel gelacht.
Ich habe in meinen Mitfreiwilligen Schwestern gefunden.
Ich bin Teil einer peruanischen Familie geworden.
Ich bin Patentante eines wunderschönen peruanischen Babys namens „Almendra“(Mandel) geworden.
Ich habe ein Jahr das unfassbare Glück von Kinder geteilt, von welchem jedes einzelne mit für uns unvorstellbar vielen Problemen aufwächst.
Ich habe noch nie so viele Küsse verschenkt und noch viel mehr Küsse bekommen.
Ich habe noch nie so viel Materielles verloren und so viel Unbezahlbares gewonnen.
Ich habe dem Vollmond noch nie so viel Bedeutung für beigemessen.
Ich habe noch nie so viel vermisst. Ich habe noch nie so viel nicht vermisst.
Ich bin noch nie so viel gerannt; aus Wut, aus Verzweiflung, aus unendlichem Glück.
Ich habe noch nie so viel geschrien. Ich habe noch nie so viel Ruhe in mir gefunden.
Ich war noch nie so verzweifelt und habe noch nie so viel Hoffnung verspürt.
Ich bin noch nie so für meine Meinung eingetreten. Ich habe meine Meinung noch nie so oft hinterfragt.
Ich habe mich noch nie so fremd und zugleich so verstanden gefühlt.
Ich habe mich selbst vergessen um mich umso mehr wiederzufinden.
Ich habe noch nie so genau gewusst, was ich will.
Ich habe noch nie so viel vom Leben verstanden.
Ich wollte noch nie so sehr die Zeit anhalten.
Ich will noch so viel und doch fühle ich, dass alles richtig so ist. Dass es richtig ist, jetzt zu gehen. Jetzt, wo es am Schönsten ist.
Ich habe mich noch nie so geliebt gefühlt.
Ich wurde noch nie so oft gebeten, zu bleiben.
Ich habe noch nie so viel geweint.
Ich habe ein Stück Himmel kennengelernt.
Und ich habe gelernt, dass jeder Tag ein Fest sein kann. Dass das Leben Grund genug zum Feiern ist. Unser Leben ist das Geschenk, welches uns irgendwer da oben Tag für Tag beschert. Ich bin unendlich dankbar, für die Menschen, die mich in diesem Jahr umgeben haben. Denen ich viel bedeute und die mir viel bedeuten; so viel, dass es weh tut, sie zu verabschieden.
Ich bin dankbar, für alle Tränen, die ich beim Abschied vergieße, denn sie bedeuten, ich habe geliebt.
14 Tage 16 Stunden.
Ich habe versucht, einen Plan für meine verbleibende Zeit in Piura zu machen. Versucht, alles aufzuschreiben, was ich noch tun will, bevor ich fortgehe. Doch meine "To do" - Liste schien kein Ende zu nehmen; immer neue Dinge fielen mir ein, an die ich denken muss, welche ich noch organisieren und abschließen möchte. Ich sah weder Anfang noch Ende.
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, nahm meine Laufschuhe und rannte gegen die Verzweiflung an, wie ich es oft in diesem Jahr getan hatte, wenn etwas in mir überzulaufen drohte. Das Einzige, was ich wollte, war den Plan zu zerreißen, in konfettikleine Stückchen zu zerschnipseln und ihn zu ersetzen durch ein einziges Wort: „Disfruta!“ Genieße.
Kurz vor meinem Abschied verdichtet und beschleunigt sich alles so unheimlich.
Auf den Hausbau für Cielo und ihre Familie folgten besondere Aktivitäten in den Ludotecas, wie ein Zahnarztbesuch und ein Workshop zum „autoestima“ (Selbstbewusstsein), welche einer guten Planung und Vorbereitung bedarfen. Dann der Besuch meiner lieben Freundin Christina aus Deutschland, welche zufällig ein Arbeitstreffen in Piura hatte. Das Fest vom Heiligen Petrus und Paulus im Fischerdorf Paita gemeinsam mit meiner peruanischen Familie. Der Umbau eines leerstehenden Hauses in Castilla zum psychologischen Bereich der Ludoteca. Die Gestaltung eines Buches mit allen Liedern, Spielen und Aktivitäten, welche Miriam und ich in der Ludoteca La Tortugas mit den Kindern gemacht haben, um den kommenden Freiwilligen einen leichteren Einstieg zu ermöglichen. Und zu all dem kommen jede Woche neue Freiwillige aus Europa an, durch welche natürlich auch immer etwas los ist....
Heute weihen wir Cielos Haus endlich ein. Zugleich feiern wir den Geburtstag ihrer Mutter und die Taufe der kleinen Almendra. Cielos Mutter hat Miriam und mich gefragt, ob wir die Patentanten ihres Babys sein wollen. Das bedeutet, dass wir Almendra die Ohrlöcher stechen dürfen und nun Teil ihrer Familie sind. Wir waren so unendlich gerührt. Das macht die Geschichte irgendwie perfekt.
Unser Einsatz. Unser Haus. Unser Patenkind.
Viel fester kann man sich in einem Land wohl kaum verwurzeln.
Liebe Menschen in der fernen Heimat!
Ich könnte euch noch so unendlich viel erzählen von Peru, das nun mein zweites Zuhause geworden ist.
Doch Worte, sind sie auch noch so gut gewählt, können nur in feinen Ansätzen das berühren, was die Wirklichkeit ist.
Man muss es erleben, um wirklich zu verstehen.
Vielleicht war es ein unmögliches Unterfangen, diese Welt und meine Erfahrungen darin zu euch nach Hause bringen zu wollen; nach Deutschland in eure ganz andere Welt, so fern und fremd gegenüber dieser hier in Peru.
Ich habe es trotzdem versucht.
Ich habe es versucht, weil ich das, was mir in diesem Jahr widerfahren ist, nicht nur für mich behalten darf und will. Ich sehe es als meine Aufgabe, das unfassbar große Geschenk dieser Erfahrung weiterzutragen und es mit so vielen wie möglich zu teilen.
Wir kennen oft nur eine Seite der Menschen und Ereignisse fremder Länder. So, wie es uns die täglichen Nachrichten darstellen, formt sich ein Bild in unseren Köpfen.
Brasilien wird durch die WM zum Fußballparadies. In Israel scheinen beinah nur noch gewaltbereite Menschen zu leben. Und in Peru werden arbeitende Kinder auf das reduziert, was sie aus der europäischen Sicht gesehen sind: arme, hilflose, unglückliche Kinder.
Wir sind zu träge, uns besser zu informieren, ja uns überhaupt zu informieren. Es ist so leicht, Dinge auszublenden, die uns nicht unmittelbar berühren. Doch gäbe es sie nicht, gäbe es auch unsere Welt nicht so wie wir sie kennen.
Gäbe es keine billigen Smart-Phones, keine H&M Klamotten zu Spottpreisen oder Mangos im Winter.
Es ist so leicht, zu vergessen, dass wir in Deutschland nur leben können, wie wir leben, weil andere in Ländern wie Peru so leben müssen, wie sie eben leben: oftmals schwer körperlich arbeitend, auf den Export hin ausgerichtet, mit wenig eigenen Aufbaumöglichkeiten.
Hat man diese Seite der Welt erst einmal kennengelernt, wird es schwer fallen, das allgemeine Konsumverhalten in Deutschland fortzuführen ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben. Dieses Jahr hat mich sehr sensibilisiert.
Ich habe gelernt, die Dinge immer von mehreren Seiten zu betrachten. Menschen nicht in eine Schublade zu stecken, nur weil sie materiell arm, Bettler, Alkoholiker oder Vergewaltigungsopfer sind. Ich habe versucht, vorurteilsfrei auf jede Art von Mensch zuzugehen. Das Problem von Vorurteilen ist nämlich nicht, dass sie nicht wahr wären, das Problem ist, dass sie unvollständig sind und nur eine Seite eines Menschen, einer Kultur, ja eines Landes zeigen.
Einem Menschen nur eine Geschichte zuzuschreiben, raubt ihm die Würde und macht seine Gleichberechtigung zunichte.
Viele Geschichten jedoch können unsere Gemeinsamkeiten hervorheben statt unsere Unterschiede zu betonen, und können die gebrochene Würde einer Person wieder aufbauen.
Ich habe deshalb versucht, viele Geschichten über Peru zu schreiben.
Es sind zum einen natürlich Geschichten der aus unserem westlichen Blickwinkel großen Rückständigkeit Perus: Eines schlechten Bildungssystems, des riesigen Müllproblems, Tiermisshandlung, korrupter Politik, die nicht hält, was sie verspricht, der Ungleichbehandlung und Unterdrückung der Frau, Schläge als Erziehungsmethode, von Kindern, welche arbeiten müssen und dabei nicht einmal Rechte haben ... die Liste ist lang.
Doch mindestens genauso viele Geschichten kann ich erzählen, in denen Peru Deutschland um Meilen voraus liegt. Geschichten von grenzenloser Offenheit und Herzlichkeit Fremden gegenüber. Dem hohe nStellenwert der Familie. Ihrer Art, zu feiern, und die Sorgen fort zu tanzen. Das Leben hier ist bunt, hart und schmerzhaft, aber voller Tanz und Musik, Lachen und Liebe.
Ich kann Geschichten großer Emotionalität erzählen. Oder von der Entspannung, welche die Peruaner an den Tag legen; dem Genießen können. Die Deutschen haben die Uhr, die Menschen hier haben die Zeit. Von peruanischer Unkompliziertheit in so vielen Dingen, von ihrer unendlichen Nachsichtigkeit. Körpernähe, welche so einhergeht mit dem Problemteilen. Man ist aufmerksam für das Befinde des anderen, vertraut sich an, erzählt sich vom gegenseitigen Schmerz und bietet Hilfe an ... ich könnte noch ewig so weitermachen.
Was mir am besten an den Peruanern gefällt, ist ihre so bewundernswerte Leichtigkeit, ihre gewaltige psychische Stärke und ihr schallendes Lachen trotz der vielen Probleme, welche ein jeder mit sich herum trägt. No te preocupes. Das ist mein Lieblingssatz geworden. Mach Dir keine Sorgen. Alles wird gut.
Ich werde also heimkehren mit einem Koffer voller Geschichten. Faszinierend und bedrückend. Hoffnungsvoll und verzweifelnd. Laut. Leise. Lebendig. Herzergreifend. Verwirrend. Beflügelnd. Abenteuerlich. Verblüffend. Aufwühlend. Atemberaubend. Intensiv. Kostbar.
Befreiend. Erschütternd. Verändernd.
Liebe Menschen in der bald schon gar nicht mehr fernen Heimat,
Ich bringe euch Geschichten mit.
Geschichten eines Volkes ohne Beine, welches jedoch läuft.
Cielo ist ein 8-jähriges Mädchen aus der Ludoteca in Los Angeles. Seit ich sie kenne, brachte sie ihre beiden kleinen Geschwistern Luis (5) und Abigail (2) mit und übernahm die Mutterrolle vor allem für ihre kleine Schwester. Sie trug sie bis vor ein paar Monaten im Arm, denn keiner kümmerte sich darum, Abigail laufen beizubringen. Dieser Anblick eines Mädchens, welches selbst noch ein Kind ist, ständig mit der kleinen Schwester unterm Arm, bereitete mir viel Nachdenken. Ihre Mutter ist erst 24 Jahre alt, erfuhr ich später. Mit 16 bekam sie also ihr erstes Kind, Cielo.
Ihr Mann ist drogensüchtig, misshandelte sie und die Kinder, doch Cielos Mutter verzieh ihm immer wieder. Er war ihre erste groß e Liebe, erzählte sie mir letzte Woche. Das Kokain hatte ihn zu einem völlig fremden Menschen gemacht. Doch Cielos Mutter glaubte daran, er würde sich ändern, wieder der Alte werden. Sie glaubte nur leider viel zu lang daran.
Eines Tages fiel Cielo beim Spielen hin. Ich nahm mich ihrer an und als sie nicht mehr weinte, fragte ich sie, wie es denn so in der Schule laufe. Darauf sagte sie mir, dass sie nicht zur Schule gehe. Bei weiterem Nachfragen stellte sich heraus, dass Cielo schon ein Jahr zur Schule gegangen war, aber ihre Mutter die seit diesem Jahr erhöhten Schulgebüren nun nicht mehr bezahlen könne. Von 15 Soles (4 Euro) auf 35 Soles (9 Euro) waren sie erhöht worden. 9 Euro Schulgebüren für ein Jahr. 9 Euro, die ich an diesem Tag sicher bei mir hatte, welche Cielos Mutter fehlten, um ihre Tochter in die Schule schicken zu können.
Ich musste mich unbedingt darum kümmern. Eine Woche darauf gingen wir mit Cielos hochschwangerer Mutter zur Schule ihrer Tochter und baten darum, dass sie die Gebüren Stück für Stück bezahlen könne. Die Direktorin willigte ein, hielt Cielos Mutter jedoch eine Predigt, sie solle sich ein für alle Mal von ihrem Mann trennen, welcher ihr nur noch mehr Kinder mache und sie schlechte behandele. Cielos Mutter antwortete verschüchtert, nein, jetzt würde sie ihm nicht noch einmal verzeihen.
Eine Zeit später kam Cielo zur Ludoteca, jedoch verändert. Etwas war zu Hause passiert. Wir forschten nach. Was sich herausstellte, ließ uns alle ratlos zurück. Furchtbares war geschehen: Cielos drogensüchtiger Vater hatte in der ganzen Nachbarschaft sehr viel Geld und Wertsachen gestohlen, um das Geld für sein Kokain aufzutreiben - und das über Jahre hinweg.
Der vom Barrio zum Vorsitzenden Gewählte gehört selbst über Ecken zur Familie des Mannes und mischte sich daher nie ein. Anzeigen gegen den Mann haben nie zu Konsequenzen geführt. Die Polizei kommt selten bis in die Auß enviertel Piuras, auß er es gibt den klaren Befehl einer Festnahme. Die Menschen des Barrios, welche ohnehin wenig besitzen, wurden somit machtlos ihrer Wertsachen beraubt. Sie haben mit Cielos Mutter geredet, erzählten sie uns später, wollten sie zum Umzug bewegen, zum Verkauf ihres Grundstücks, doch alles blieb, wie es war, der Verlust ihrer Wertsachen zog weitere Kreise. Irgendwann war das Fass übergelaufen und einige Nachbarn verbündeten sich, um zu handeln. Ihr Entschluss zur Selbstjustiz hatte zerstörerische Ausmaß e. Als die Familie nicht da war, rissen und brannten sie deren Haus ab, um den Mann somit loszuwerden. Wer am Ende bezahlte, waren – wie so oft - die Unschuldigen, die Schwachen; Cielo und ihre Geschwister. Man hatte ihr Zuhause zerstört.
Als Cielos Vater sah, was geschehen war, nahm er, was man ihnen gelassen hatte, und haute damit ab. Er soll sich nun in einer Rehabilitationsklinik befinden. Niemand weiß das so genau. Tatsache ist, dass Cielo mit ihren nun drei Geschwistern – vor einem Monat gebar ihre Mutter das vierte Kind - nun bei ihrer Groß mutter lebt. Drei weitere Familien leben dort und insgesamt sind sie nun 13 Personen, welche sich einen sehr engen Raum teilen müssen. Und dessen nicht genug – Cielos Mutter schlief in den vergangenen Monaten viele Nächte auf ihrem Grundstück, aus Angst, jemand würde etwas darauf bauen, wenn sie nicht anwesend ist und es ihr somit auch noch wegnehmen.
Mehrere Monate, in denen Cielo und ihre Familie so lebten. Ich glaube, das geht in keinen Kopf hinein.
Eine Psychologin besucht im Rahmen der „Ludoteca“ die Familien der Kinder in den Barrios und versucht, gemeinsam mit den Eltern Lösungen für die vorherrschenden Probleme zu finden. Wir Freiwillige dürfen sie dabei begleiten.
Was wir aus unserem europäischen Blickwinkel oft zu übersehen scheinen: Diese Menschen haben genauso viele Talente und Fähigkeiten wie wir. Sie sind vielleicht materiell ärmer, doch reich an Werten und Träumen. Das, was ihnen fehlt, sind Chancen, welche wir so zahlreich besitzen und welche unser Leben um vieles bereichern und vereinfachen. Für die Menschen hier jedoch bedeutet diese Chancenlosigkeit oft Ausweglosigkeit und nicht wenige treibt sie zu Alkoholismus, Gewalt und Kriminalität.
Zwischen all den Familienbesuchen, den Gesprächen in den spärlich möblierten Häusern, in welchen jedoch selten der Fernseher fehlt, zwischen all den Worten, den ausgesprochenen und verschwiegenen, den unterdrückten Gefühlen und den freilaufenden Tränen, stellte ich mir die Frage, wie ICH denn mit solchen Situationen umgehen würde.
Stellen wir uns doch mal die Frage: Würden wir nur einen einzigen Raum haben, welchen wir uns mit unserer ganzen Familie teilen müssen, wie leicht würde es uns dann fallen, Konflikte zu vermeiden? Würde es uns leicht fallen, den Partner zu verlassen, in einer Kultur, in der man Dinge nicht so einfach wegschmeiß t, sondern sie versucht zu reparieren, an ihnen festzuhalten, mag es auch Schmerzen bereiten? Und was würden wir tun, wenn es niemanden gibt, an den wir uns mit unseren Problemen wenden können, keinerlei professionelle Hilfe, keine Polizei, keine Psychologen, ein nur unzuverlässiges Jugendamt und eine Regierung, die uns Bewohnern eines Barrios kaum Beachtung schenkt.
Die Familienbesuche von der Psychologin im Rahmen der Ludoteca können nur Anstöß e geben. Den Menschen sollen Wege eröffnet werden, Ratschläge gegeben, wie sie ein Problem lösen können. Respekt und Toleranz ist hierbei das Wichtigste. Vielleicht glaubt man manchmal, Dinge besser zu wissen, DIE Lösung für ein Problem zu haben und den Anderen von der unbedingten Umsetzung überzeugen zu wollen. Doch so funktioniert Hilfe zur Selbsthilfe nicht. Es gilt, sich einzufühlen in die Menschen und ihre Sichtweisen respektieren zu lernen. Gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen. Doch handeln müssen letztendlich sie selbst.
In Cielos Fall mussten wir jedoch etwas tun. Eine Heimat war zerstört worden. Das war ein Notfall, der ein Handeln unsererseits verlangte. Es ging um drei Kinder unserer Ludoteca.
Miriam und ich beschlossen kurzerhand, Geld zu sammeln und ihnen ein neues Haus zu bauen. Zum Glück war es nicht das erste Haus, welches wir bauten, sodass Miriam und ich alles nach Plan realisieren konnten. Dank vieler groß zügiger Spenden konnten wir das benötigte Material auf dem Holzmarkt kaufen, alles in das Barrio transportieren und voller Elan loslegen. Wir gruben Löcher, mischten Zement aus Sand, Steinen, Wasser und Zementpulver und zementierten die Eckpfeiler ein. Das Haus musste doppelt so groß werden, wie jenes für Flora. Zement benötigt einen Tag, um zu trocknen. Als wir am nächsten Tag wiederkamen, waren die einzementierten Pfeiler nicht mehr da. Wir dachten erst, die Nachbarn hätten sie herausgerissen, um zu verhindern, dass wieder ein Haus gebaut würde, in das der drogensüchtige Mann einziehen könne. Wir malten uns schon den Kampf aus, der dieser Hausbau bedeuten würde - Doch es war Cielos Mutter gewesen, welche aus Angst, jemand würde ihr die Pfeiler klauen, diese in einem Nachbarhaus verstaut hatte. Wir erklärten ihr, dass niemand sie mehr herausnehmen könne, wenn der Zement erst einmal getrocknet wäre. Sie verstand, wir begannen von vorn und ab dem nächsten Tag half uns Cielos Mutter auch, somit waren wir zu dritt. Wir nagelten, sägten, maß en ab, stemmten und befestigten eine Wand nach der anderen. Gemeinsam schwitzten wir in der Sonne Piuras. Cielo, Luis, Abigail und die kleine Almendra waren auch anwesend. Immer wieder kamen Kinder aus dem Barrio, um zu helfen. Wir teilten Kekse und Wasser, während wir das Haus wachsen ließ en.
Schon seit Beginn des Hausbaus hatten wir die neugierigen doch vor allem skeptischen Blicke der Nachbarn in unseren Rücken. Miriam und ich gingen offensiv auf sie zu und erklärten: „Dieses Haus bauen wir für Cielo und ihre Geschwister, es ist ein Ausnahmefall der Ludoteca und der Mann wird nicht mehr auftauchen, sonst werden der Frau ihre Kinder, das Haus und das Grundstück weggenommen.“ Die Nachbarn hatten Redebedarf, das fühlten wir. Sie erzählten uns von den Verlusten, den vielen gestohlenen Wertsachen und den unzähligen nicht geglückten Versuchen, das ganze ohne Gewalt zu lösen. Sie liehen uns Werkzeuge, die Mithilfe bekamen wir jedoch von niemandem. Bis zum vorletzten Tag, an dem wir bereits die Innenräume aus Bastmatten bauten.
Es war Montag, der 16. Juni. Deutschland gegen Portugal. Wir hatten schon in den vergangenen Tagen die Fuß ballspiele während dem Hausbau mithören können. In den Barrios sind die Wände so dünn, dass man alles mitbekommt. Jeden Streit, jede Liebe, jedes Lachen, jede Träne, jede Gewalt, jedes Fest. Was wissen wir schon von dem wahren Leben unserer Nachbarn? Hier in den Barrios gibt es keine Möglichkeit, deren wahres Leben NICHT zu kennen. Auch die Kinder bekommen alles mit.
Wir hörten also die Fuß ballspiele. Als wir bemerkten, dass Deutschland schon seit einer Weile spielte, ging ich rüber ins unmittelbare Nachbarhaus und fragte, wie der Spielstand sei. Der Mann freute sich sehr, einen deutschen Gast in seinem Haus zu haben und lud alle anderen Helfer mit ein. Zufällig waren genau an diesem Tag Freunde von uns gekommen, um zu helfen, und so saß en wir zu sechst, Peruaner und Deutsche in dem kleinen Wohnzimmer des Nachbarn, welcher mit Sicherheit auch an dem Hausabriss beteiligt war und feierten gemeinsam das hervorragende Spiel unserer deutschen Jungs.
Ich habe ja gemischte Gefühle zu dieser WM. Was dort in Brasilien geschieht, ist an Unmenschlichkeit kaum zu übertreffen. Straß enkinder wurden ermordet, um die Stadt für die Touristen sauber zu machen. Um ein besseres, ein gefälschtes Bild Brasiliens abzugeben. Unschuldige Straß enkinder, die keine Identität besitzen und die man ja somit einfach umbringen kann, ganz still und heimlich. Für mich wirft das einen groß en Schatten über die WM-Euphorie in allen Ecken. Ich kann kein Spiel sehen, ohne nicht an den Preis zu denken. Den Preis, den Menschen, vor allem kleine Menschen, für diese Weltmeisterschaft bezahlen mussten.
Das Erlebnis im Barrio Los Angeles hatte ganz unvorhersehbare Konsequenzen. Der Mann, welcher uns so freundlich zum Fuß ballschauen einlud, kam nach glorreichem Sieg unserer Heimat mit auf das Grundstück und half uns. Half uns tatsächlich die Räume fertig zu bauen, welche er ein paar Monate zuvor wohl mit zerstört hatte. Als seine kleine Tochter von der Schule kam und ihn fragte, was er da tat, antwortete er mit einem versöhnenden Lächeln: „Ich baue mit an dem Haus für die kleine Cielo, mein Töchterlein.“
Wer hätte gedacht, dass Fuß ball solche Märchen schreiben kann.
Manchmal habe ich das Gefühl, meine Zeit in Peru gehe vorüber wie die atemberaubenden Sonnenuntergänge am menschenleeren Strand La Tortugas.
Im einen Moment glaube ich, sie aufhalten zu können; ja festhalten, allein durch die Kraft meines Blickes. Ich darf meine Augen nicht von dem einzigartigen Lichtspiel abwenden. Ich wage es nicht einmal zu blinzeln, aus Angst auch nur eine Sekunde dieser vollkommenen Schönheit zu verpassen.
Aber dann geschieht es doch; ich bin einen winzigen Augenblick unaufmerksam; sehe nicht hin, und schon hat das Meer die goldene Kugel am Horizont verschluckt. Was bleibt, ist ihr Schein; der Glanz des Gewesenen.
Mir verbleiben noch 70 Tage in Piura, 91 in Peru.
So viel ist bereits geschehen und manchmal denke ich bereits an das Ende, an das Danach. Zeitweise lähmt mich dieser Gedanke, diese Angst vor dem Ungewissen und ich ertappe mich dabei, wie ich geistig abwesend bin, während die Zeit verfliegt.
Doch dann halte ich inne, atme tief durch und sage mir:
Noch kann so viel passieren. Noch wird so viel passieren.
Es ist nie zu spät. Worauf wartest Du also?
Der erste Tag vom Rest deines Lebens, der ist heute!
Ich habe eine peruanische Familie gefunden.
Liz wohnt im ersten Stock des Häuserblocks in Los Tallanes, sie ist alleinerziehende Mutter von drei Söhnen und eine unheimlich starke Frau. Sie hat immer Zeit für mich, ich kann mit allem zu ihr kommen und bekomme stets einen guten Rat geschenkt. Liz behandelt mich wie ihre eigene Tochter.
Wenn in ihrer Familie eine Feier stattfindet, lädt sie mich herzlich ein und ich komme liebend gern, denn Feste in Peru sind eines der schönsten Dinge, welche man hier erleben kann.
Zwei Dinge dürfen auf einer solchen „fiesta“ niemals fehlen: Tanzmusik und ausreichend Essen.
Liz Freunde und Familie nehmen mich sehr herzlich auf. Wir tanzen ausgelassen bis spät in die Nacht, trinken Bier - wie es hier üblich ist- aus einem gemeinsamen Glas, unterhalten uns und lachen Tränen dabei.
Mich fasziniert immer wieder, wie schamlos in dieser Kultur über Aussehen, Gewicht und Intimitäten gesprochen wird. Wenn Dir jemand sagt, du habest zugenommen, soll das nur heißen, dass man sich freut, dass es Dir schmeckt und hier gut geht.
Die Lehrerin der Aula, in welcher ich helfe, begrüßte mich nach einer Weile, in der wir uns nicht gesehen hatten, mit den Worten: „Amiga! Te veo muy flaca! Bajaste de peso!“ (Meine Freundin, du scheinst abgenommen zu haben!) Da freute ich mich natürlich und wog mich später in der Küche von Manitos. Und siehe da:
Drei Kilo mehr auf der Hüfte.
Mittlerweile empfinde ich es nicht mehr als anstößig, wenn jemand frei seine Meinung über Äußerlichkeiten preisgibt, sondern ich sehe diese Ehrlichkeit sogar als angenehm und sympathisch an. Diese peruanische Unverklemmheit werde ich in Deutschland wohl vermissen.
Auch die ältesten Gäste tanzen bis spät nach Mitternacht. Jedes Mal lädt mich Liz ein, über Nacht da zu bleiben. So kam es schon vor, dass wir zu neunt in vier Betten schliefen. Auch das käme in Deutschland wohl kaum in Frage. Hier sieht man das unkompliziert: „Somos todos una familia“ – „Wir sind doch alle eine Familie!“ Geburtstage meiner peruanischen Familie sind jedes Mal beschwingt, feuchtfröhlich und einfach unvergesslich.
Über die Ostertage bekam ich Besuch von vier Freiwilligen aus Lima.
Elena kannte ich von einem der Vorbereitungsseminare in Deutschland und es war schön, sie nun in meinem peruanischen Zuhause wiederzusehen.
Wir verbrachten den Karfreitag in Catacaos, einem Kunsthandwerkerdorf eine halbe Stunde auß erhalb von Piura gelegen, welches vor allem für seinen Gold- und Silberschmuck bekannt ist. In der Karwoche verwandelt sich die sonst recht ruhige Marktstraß e in Catacaos in ein buntes Fest, auf welchem von Donnerstag bis Freitag gegessen, getrunken, gehandelt, gekauft, fotographiert, angebetet und ausgelassen gefeiert wird.
Der Strom tausender Schaulustiger zog uns mit sich, spuckte uns mal hier, mal dort aus und wir ließ en uns staunend darin treiben. In der Kathedrale von Catacaos war eine Lebendigkeit ausgebrochen, welche zwischen hingabevoller Anbetung und touristischem Fotografierungswahn schwebte. Hunderte Menschen standen Schlange, um den gekreuzigten Jesus mit Baumwolle zu betupfen. Die ganze Kirche war mit Heiligenstatuen zugestellt. Man war feierlich und in Schwarz gekleidet. Ich sah Menschen laut beten, sich bekreuzigen und vereinzelt stille Tränen vergieß en. Mir war dieser Heiligenkult ein wenig fremd und ich verließ die Kirche bald wieder.
Drauß en begegneten uns zwei elfjährige Jungen, Erick und Pier, welche uns ein Restaurant vermittelten und uns die gesamte Zeit, während wir über den Markt schlenderten, folgten, um uns wirklich dort abzuliefern.
Arbeitende Kinder wie Erik und Pier gibt es unzählige in Catacaos. Allein die in der 63000 Einwohner-Stadt ansässige Organisation ”Proniño” (Für das Kind) kümmert sich um 1029 arbeitende Kinder.
Eric und Pier verdienen pro Person, welche sie zu dem Restaurant bringen, für welches sie arbeiten, zwei Soles (etwa 60 Cent). Da sie zu zweit sind, erhält jeder nur einen Sol. Pier verriet mir, dass seine Mutter nicht wolle, dass er arbeite; es sei zu gefährlich, meine sie. Doch er arbeitet, um seine Schulutensilien bezahlen zu können.
Mich beeindruckte die Intelligenz und der Eifer der beiden Jungen. Sie wussten uns so viel über Catacaos und verschiedene Bräuche Perus zu berichten. Es gibt Kinder, welche sich die gesamte Geschichte eines Ortes aneignen, um als Touristenführer zu arbeiten. Andere verdienen Geld auf dem Friedhof, indem sie die Gräber putzen und pflegen. Sie heuern die Angehörigen der Verstorbenen um Arbeit an und erhalten pro Grab einen halben oder manchmal einen ganzen Sol (etwa 10 bis 30 Cent).
Als wir auf dem Zwischenseminar einen Artikel über Grabputzer in Bolivien lasen, ( http://www.zeit.de/2014/01/kinderarbeit-bolivien ), kam mir das alles unwirklich vor; wie die Geschichten von Kindern, denen ich niemals begegnen würde und deren Schicksal mich daher nie persönlich berühren wird.
Und nun standen vier solche kleine Friedhofsputzer vor mir. Wenn ich jetzt an sie denke, sehe ich das Lächeln ihrer schmutzigen, müden Gesichter vor mir.
Ob es den Toten wohl etwas ausmacht, dass ihre Gräber von Kindern gepflegt werden?
Karsamstag und Ostersonntag entschwanden wir aus dem Trubel der Menschenmassen in Catacaos in die unendliche Ruhe an den Strand La Tortugas.
Das Osterfeuer, welches wir zu entfachen versuchten, ließ eine Stunde auf sich warten, doch dafür jubelten wir umso mehr darüber, vollführten beinah einen Freudentanz und fielen uns um den Hals.
Der Sonnenuntergang war wie immer pure Magie.
Ich war innerlich ganz ruhig, beinahe leer. Dieser Ort heilt. Er bringt mich immer wieder ins Gleichgewicht, wenn ich glaube, es verloren zu haben.
Statt Ostereier waren es Antworten, welche ich dieses Jahr für mich zu finden suchte.
Als wir am nächsten Morgen aufbrachen, bedankten sich die Mädels ganz überschwänglich bei mir: „Ohne dich wären wir nie an diesen Ort gekommen!“ Nichts lieber als das, winkte ich ab. Schönheit muss man schließlich teilen. Denn ungesehene Schönheit hat keinen Wert.
In der Ludoteca bastelten wir Osterkarten. Die Kinder gestalteten mit den Mädels eine wunderschöne Karte mit einem aufs Meer blickenden Osterhasen für mich. Mir wird immer wieder bewusst, dass ich hier mit so viel mehr beschenkt werde, als ich je geben könnte.
Um Ostern herum geschah so viel:
Flo und ich zogen mit den zwei anderen deutschen Mädels zusammen, wir bauten ein Haus für Flora (siehe Fotogalerie: „Una casa para Flora“) und ich malte es an. In ASPOV überraschte uns das Team mit einer Dankesfeier für die Renovierung und Hilfe in der Herberge. Es ist ein wunderbares Gefühl, zu spüren, wie sehr unsere Arbeit hier geschätzt wird.
In Manitos Trabajando gleicht kein Tag dem anderen.
In der Küche lerne ich immer noch einmal die Woche Neues dazu. Und in der Aula hält die Lehrerin Carola stets andere Aufgaben für mich bereit, welche mir sehr viel Spaß bereiten: „Amiga, Du bist doch kreativ; könnest du bitte das Klassenzimmer mit diesem Geschenkpapier dekorieren, die Fotos aufkleben und die Namen der Kinder dazu schreiben ... Miriam und Du könnten doch mal einen Vortrag über euer Land halten, oder? ... Amiga, ich hab dich tanzen gesehen, denk Dir doch bitte einen Tanz für Samstag aus, da feiern wir Geburtstag mit allen Kindern von Manitos.“ Nichts lieber als das!
So fand letztes Wochenende also die Geburtstagsfeier aller Kinder von Manitos Trabajando statt, welche zwischen Januar und Mai ein Jahr älter geworden waren. Dieser Samstagvormittag wird mir als einer der schönsten Erlebnisse in Manitos Trabajando in Erinnerung bleiben. Fast alle 100 Kinder des Vormittags und Nachmittags waren gekommen. Geburtstag zu Hause mit der Familie zu feiern, ist hier längst nicht so eine Selbstverständlichkeit, wie in Deutschland. Viele Kinder wissen nicht einmal, wann sie geboren sind. Deshalb will Manitos den Kindern zumindest ein symbolisches Fest schenken, auf dem sie sich besonders fühlen sollen. Alle Geburtstagskinder bekamen ein T-shirt, es gab köstliches Mittagessen und zwei riesige Torten. Nach einem gemeinsamen Gruppenspiel aller Anwesenden führten die 7 Kinder den Tanz auf, welchen ich mit ihnen zwei Tage vorher erarbeitet hatte. Beim Einstudieren der Choreographie merkte ich, dass mir meine Musicalkinder daheim in Kleinzschachwitz schon fehlen. Khallpa Kuyay (Liebe und Stärke), die Band von Manitos, spielte und Miriam und ich tanzten mindestens eine Stunde ausgelassen mit unseren Kindern Salsa, Cumbia und frei erfundene Tänze im Kreis.
Die Kinder waren so glücklich. Es war ihr Tag. Man feierte, weil sie sind, wer sie sind - einmalig und unendlich liebenswert. Ich werde diesen Vormittag nie vergessen.
Zwischen den vielen Ereignissen hier in Piura brauchte ich über die längeren Wochenenden ein wenig Auszeit, Abstand von der Hitze, dem Lärm und Chaos der Stadt.
Ich floh mit Cris, Abelina und Dani, drei Spaniern und mit Andrea, meiner deutschen Mitfreiwilligen und inzwischen auch Mitbewohnerin in das kühle Grün der Berge.
Huancabamba und Cajamarca sind sehr sehenswerte Orte der Sierra.
Wir unternahmen Ausflüge zu schwarzen Lagunen und grotesken Felsformationen, welche wie natürliche Wesen anmuteten. Wir entdeckten die Wasserkanäle der Inka, durchkrochen schmale Höhlengänge, lauschten traditionell gekleideten, in Quetschua singenden Kindern und sahen Schafe im Schoß peruanischer Frauen schlafen. Auf 3600 m Höhe vermischte sich der Regen mit der enthusiastischen Stimme unseres Führers in meinem Kopf zu Musik. Ich ließ mich treiben in der Zeitlosigkeit des Moments.
Mit meinen lieben Begleitern verbrachte ich sehr erholsame Tage. Wir haben so viel gelacht, diskutiert, Erfahrungen und Intimitäten ausgetauscht, Wein, Bier und Zigaretten geteilt und waren uns für kurze Zeit sehr nah. Ohne Plan reisen ist das Beste, was Du machen kannst; diese Erfahrung habe ich in Peru schon hundertmal gemacht.
Jetzt will ich nicht mehr stoppen, nicht mehr zweifeln. Ich will mich fallen lassen und mich packen lassen, vom Zufall, von spontanen Ideen, vom Bauchgefühl, das gerade sagt, man möchte eine Tafel Schokolade mit einer fremden, sympathisch wirkenden Person teilen. Ich will noch so viel sehen, erfahren, lernen. Doch vor allem will ich noch so viel Zeit wie möglich mit dem Grund verbringen, weshalb ich hier bin, weshalb ich beinah jeden Morgen motiviert aufstehe und jeden Abend mit einem Lächeln einschlafe:
den Kindern von Manitos, mit ihren kleinen Händchen und ihren riesengroßen Herzen, die dir so viel Liebe schenken ohne auch nur das Geringste von dir zu wissen.
Liebe Sophia,
Deine bildreichen Schilderungen und Erzählungen erwecken soviel Vorfreude auf unsere gemeinsame Reise durch Peru. Ich kann es kaum erwarten. Bei den beiden Bildern im ersten Block, auf dem Du
vogelgleich im sonnenuntergangsdurchfluteten Meerwasser stehst und danach die Bilderwand mit vielen Lieben aus Deiner Heimat mit einem Art Messstock betrachtest, musste ich schmunzeln:
Du scheinst auf dem letztgenannten Bild auf einer Wassermühle zu sitzen mit einem Teddybär aus Deiner Kindheit zu Deinen Füssen, lächelnd über die Zeitreise, in die Du Dich begeben hast --- vom Meer
Deiner Kindheit und Jugend hinein in die Fluten des peruanischen Meeres, das Dir wohl Flügel verleiht.
Alles Liebe
Papa
Es gibt Geschichten, die lassen mich nicht los.
Es sind die Geschichten von Menschen, welche mich hier in Piura berühren und mich zweifeln und glauben lassen zugleich. Ich glaube und zweifle zugleich an dieser Welt, in der jedes Leben einen Wert und eine Würde besitzt, welche jedoch viel zu oft ungeachtet und ungeschätzt bleiben.
Für mich hat es jede Geschichte verdient, gehört zu werden. Deshalb will ich jene, welche mich berühren, mit euch teilen.
Als wir die Ludoteca in Los Angeles ausmisteten, spähte auf einmal ein vertrautes Lächeln zur Tür herein. Als ich es entdeckte, machte mein Herz einen Freudensprung. Es war der kleine José, der sich hinter einer Säule versteckte. Er bedeckte das Gesicht mit seinen Händchen und dennoch strahlte sein Lächeln darunter hervor. Es war immer noch das Alte. José erinnerte sich an Miriams und meinen Namen und schrieb wortlos ein paar Zahlen in den Sand. Er hatte nicht alles vergessen! Erleichterung machte sich in mir bemerkbar. Doch sie wurde getrübt durch den äußeren Anblick Josés, der ganz und gar nicht der alte war. José war sehr dünn geworden ohne die großen Mittagsportionen, welche er bei Manitos bekam. Seine Kleidung war so dreckig und zerlöchert, wie noch nie und er hatte sich wieder einige Narben zugezogen. Ich will gar nicht wissen, was er in der Ferienzeit alles erlebt hatte.
Nach vielen Bemühungen in den letzten Wochen besitzt José nun endlich einen DNI und geht zur Schule.
Nun kommt er nicht mehr vormittags zu Manitos, doch ich treffe ihn oft noch in der Mittagspause an, bevor ich zu den Ludotecas aufbreche.
Der kleine José in seiner Schuluniform, ist eines der schönsten Bilder, welche sich in mir eingeprägt haben. Neulich zeiget uns José ganz stolz seine ersten Hausaufgaben und verkündete in unbändiger Freude: “Mañana voy al colegio!” (Morgen gehe ich zur Schule!) – “Pero mañana estamos sabado, mi cariño.” (Aber morgen ist Samstag, mein Schatz). “Oh, entonces lunes!” (Oh, dann am Montag!)
Asucena, 12, ein Mädchen aus meiner Aula, ist seit diesem Jahr bei Manitos. Sie geht nicht mehr zur Schule, da man sie dort hänselte. Asucena hat eine geistige Behinderung, weil man glaubte, ihre Mutter, die nie im Krankenhaus gewesen war, würde nur ein Kind zur Welt bringen. Ihre Zwillingsschwester Martha wurde geboren, Asucena blieb zu lang im Bauch, sodass der Sauerstoffmangel ihr Gehirn für immer schädigen sollte.
In Asucenas Zuhause herrschte immer viel Gewalt. In der Schule entdeckte die Lehrerin Blut in der Unterhose der Mädchen. Ihr Stiefbruder hatte die beiden sexuell vergewaltigt.
Asucena und Martha leben in Castilla und nahmen dort an der Ludoteca teil. Dadurch fand man ihre Geschichte heraus und nahm sich ihrer an. Jetzt gehen die Zwillingsschwestern zu Manitos Trabajando. Ihre Mutter lernt gemeinsam mit Asucena lesen und schreiben. Asucena strengt sich sehr an, trotz ihrer Behinderung alles so gut wie die anderen zu machen. Asucena ist ein sehr aufmerksames Mädchen und hat ein besonderes Gespür für Stimmungen und Gefühle. Ihr Lachen macht sie wunderschön. Sie ist die Sonne in Manitos Trabanjando.
José, 9, lebt in der Herberge von ASPOV, der Asoziation für das Leben. Er hat Aids und befindet sich bereits in der obersten Etappe der Medikamente. Vor fünf Jahren hatte José Tuberkulose. Man prophezeihte ihm ein baldiges Ende. Seit dem fährt José ständig nach Lima in die Hauptstadt, in welcher er in einem nominierten Krankenhaus behandelt wird. Er möchte keine Tabletten mehr schlucken, sagt José. Er weiß, , dass er sterben muss. José ist so klug und wortgewandt. Manchmal habe ich das Gefühl, einen weisen Mann vor mir sitzen zu sehen, der mir die Welt erklärt. Wie kann ein neunjähriges Kind sich bereits seines eigenen Todes bewusst sein und dennoch eine solche Lebenszufriedenheit ausstrahlen?
Pamela, 13, ist die älteste in ASPOV und als einzige gesund. Sie ist die grosse Schwester zweier Kinder, welche mit HIV infiziert sind. Man hat Angst, dass Pamela auf der Straß e geschwängert wird, da sie sehr sehr hübsch ist und Sachen sagt wie: “Ich heirate einen reichen Mann, dann muss ich nicht studieren”. Pamela hilft bei allen Aufgaben im Haushalt und kümmert sich ohne sich je zu beklagen um all ihre kleinen “Geschwister”. ASPOV ist ihre Familie. Was muss das wohl für ein Gefühl sein, mit der groß en Wahrscheinlichkeit zu leben, dass deine kleinen Gechwister alle vor Dir sterben werden?
Flora, Mitte 80, lebt auf einem Hügel am Rande der Müllhalde. Sie besitzt weder Geld noch Wertsachen. Ihr
Haus erbaute sie aus Recyclingmaterial, welches sie mit ihren eigenen Händen herbeigeträgt. Sie sagt, sie könne nie lang fort sein von ihrem Haus, da man ihr sonst ihre Hennen, ihren einzigen
wertvollen Besitz und Lebenserhalt stehlen würde. Flora achtet sehr auf sich. Sie trägt einen Ring und Ohrringe und ist immer darauf bedacht, gepflegt zu sein. Flora hat nie die Hoffnung
verloren. Das neu erbaute Haus macht sie so glücklich und sie positioniert sich davor aufrecht und stolz für ein Foto. Sie bittet uns um “Lechecita” (Milchlein) und wir schenken ihr auch
Brot, welches sie mit ihren unzähligen Hunden teilt. Ich habe das Gefühl, dass die Tiere ihre Familie sind. Flora ist glücklich, sagt sie, da sie auf einem Hügel wohnt, von dem sie den Mond und
die Sterne in der Nacht hell strahlen sieht. Ihre Augen haben den Glanz nie verloren. Jeden Tag wenn wir das wachsende Haus auf ihrem Hügel verließ en, bedankte sie sich bei uns mit den Worten
“Gracias Madres lindas, que dios les bendiga.” Danke schöne Mütter, auf dass Gott euch segne.
Welche Geschichte berührt Dich gerade?
Auf dem Zwischenseminar war eines unserer selbstgewählten Themen der Umgang mit der allgegenwärtigen Belästigung insbesonders von weiß en Frauen auf der Straß e. Unser Gruppenleiter Alex bat mich, die das Thema hier in Piura sehr betrifft, ein Experiment durchzuführen, in welchem ich mich in zwei verschiedenen Outfits durch die Marktstraß e zu meiner Arbeit bewege. Was dabei herauskam, war Folgendes:
Ich begann mit dem freizügigen Tag.
Mein Outfit: Ein weiß es, ausschnittloses Kleid; jedoch schulterfrei und nur knapp über die Knie reichend. Die Haare trage ich offen, sonst bin ich ganz normal unterwegs (Ledersandalen, Stofftasche).
Ich steige aus dem Combi, als ich die Seitenstraß e vom Markt erreiche, welche mich am direktesten zu meiner Arbeitsstelle führt. Ich laufe den kleinen Hügel von der Hauptstraß e herunter und ernte schon dabei einige Blicke und die ersten Pfiffe; von Männern sowie von Autos. An der Ecke, wo stets Paltas zu kaufen sind, werde ich das erste Mal angesprochen. Der Mann will mich mit zu sich nehmen; in sein Land, was auch immer das bedeuten mag. Ich bin taub, wie ich es mir angewöhnt habe. Auf dem ersten Stück hält sich die Belästigung in Grenzen. Zwanzig Blicke brennen auf mir, aber über das Starren geht es nicht hinaus. Ein paar zaghafte „Hola“s. Dann ein Mann, dessen „Reína“ ich sein soll. Knutschgeräusche. Ich wechsele ständig von der Straß e, auf der die Motos mir entgegenfahren auf den „Bürgersteig“, der oftmals versperrt ist. Am Straß enrestaurant, wo die Männer sitzen und um acht Uhr ihr Mittagessen einnehmen drängen sich zwei Männer von beiden Seiten an mein Ohr und geben laute Kussgeräusche von sich.
Ich eile weiter. Zähle an die zwanzig Pfiffe; will alles wahrnehmen, um es euch zu berichten, doch der Trieb da schnell durchzukommen ist inzwischen zu ausgeprägt. „Hola Linda“, „Buenos dias, mi vida“, „Te quiero“, „mira los ojos“... ich erinnere mich nicht mehr an alles, aber es ist Standard, was an meine Ohren dringt. Kurz vor Ankunft am Tor meiner Arbeit grüß t mich ein Soldat ausschweifend von der anderen Straß enseite.
Ich erreiche erleichtert das Tor, an dem mich schon unser herzlicher Pförtner erwartet.
Teil eins des Experiments überstanden.
Den zweiten Teil des Experiments vollführe ich in folgendem Outfit: lange, schlabbrige bunte Hose, CANAT-Tshirt meiner Arbeit (Centro de Apoyo a nin@s/adolescentes trabajadores, Hilfszentrum für arbeitende Kinder und Jugendliche), gleiche Ledersandalen, Haare zum Dutt zusammengeknotet, Sonnenbrille im Gesicht.
4 Tage später.
Wieder steige ich an der gleichen Stelle aus dem Combi. Wieder stolpere ich den Hügel hinunter auf die Ecke mit den Paltas zu. Zwei Männer unterhalten sich über eine geraume Distanz; nehmen mich zwar wahr, als ich vorbeieile, doch es bleibt bei den Blicken. So geht es ein gutes Stück weiter. Ich erwarte jeden Moment die üblichen Pfiffe, Nachrufe, doch es bleibt ungewöhnlich still. Durch meine Sonnenbrille kann ich die Menschen noch unbemerkter beobachten und sehe, dass es nur interessierte Blicke sind, die sich in mich bohren. Natürlich nimmt man die Gringa noch wahr, doch da ist etwas, dass ihnen Zurückhaltung gebietet. Ich tippe auf das T-Shirt, das zeigt, dass ich hier kein Tourist bin, dass ich ihre Sprache spreche und einer angesehenen Organisation angehöre, die mir im Rücken steht. Gute Wahl, dieses T-shirt anzuziehen. Oft schon habe ich Männer hinter mir das lesen hören, was auf meinem Rücken steht und mich ausweist. Ich gehöre zum Hilfszentrum arbeitender Kinder und Jugendliche. Das zweite, was mich eindeutig unattraktiver macht, ist die Sonnenbrille. Blaue Augen, die man nicht sieht, sind nicht interessant. Ich bleibe geheimnisvoll, man schaut nur neugierig. Das Fazit meines Weges sind zwei, drei Pfiffe, zaghafte „Hola“s oder niedliche „Helo“s und ein „Moto, Reína?“. Mehr war nicht zu kriegen. Ich war so verdutzt über den gravierenden Unterschied, dass ich es auf die Uhrzeit schob, die heute eine Stunde später war als bei Teil eins des Experimentes. Vielleicht war es eine Ausnahme? Ich wollte es unbedingt wissen. Am nächsten Tag spielte ich das gleiche Spiel noch einmal. Diesmal um acht, genau wie damals im kurzen Kleid. Ich musste feststellen, dass ich auch beim zweiten Versuch unbelästigter blieb. Es gibt also wirklich eine Möglichkeit, mich zu einem großen Teil vor dem Machismo der Männer hier zu schützen. Wenig Haut, zusammen gebundene Haare, keine Augen. Für den Weg mag es meine Entfaltungsfreiheit einschränken; doch nach Betreten meiner Arbeit hinter dem eisernen Tor löse ich den strengen Dutt, setze die Sonnenbrille ab und kann wieder ungestört und frei atmen, lachen und blond sein.
Hola Sophia,
bravo, interesantes Experiment! Das Ergebnis überrascht mich allerdings überhaupt nicht. Ich habe auch lange in Peru gelebt. Die meisten Peruaner würden dir trotz ihres respektlosen Benehmens nichts
tun. (@Papa: ihr passiert schon nichts!) Meine Frau ist schwarzhaarig und ich bin blond - ich kenne also die Blicke und Gringo-Rufe nur zu gut. Es nervt, aber sie meinen's meistens nicht so, wie's
bei uns Deutschen ankommt.
Viel Spaß noch und ganz liebe Grüße an Gaby!!!!
Mein liebes Töchterlein,
soziologische Experimente sind zwar spannend, aber in Peru dürfte sich im Ergebnis der Ärztehit "Männer sind S....." genauso bewahrheiten wie in europäischen Gefilden. Ich hoffe, Dein Drang zur
selektierten Beobachtung von Reaktionen südamerikanischer Männer auf weibliche Reize ist damit gestillt. Dieses Mal die besondere Bitte: Pass auf Dich auf!!!!
Dein Vorsicht mahnender Papa
Gabriela Renteria, von allen Gaby genannt, ist nicht nur Chefin von „CANAT“, dem Hilfszentrum für arbeitende Kinder und Jugendliche in Piura; sie kümmert sich außerdem um einige alte Menschen im Fischerdorf „La Tortuga“ und nimmt dort an Versammlungen teil, besucht wöchentlich die Menschen in der Psychatrie „CREM“, ist Mitbegründerin und ständige Unterstützung des Hilfszentrums für HIV/Aids- Infizierte „ASPOV“, besucht Jugendliche im Gefängnis und unterstützt das dortige Projekt „CREO“ (Construyendo Rutas de Esperanza y Oportunidad = Wege der Hoffnung und Chancen bauen), und kümmert sich ganz nebenbei noch um alle Freiwilligen von „Manitos“.
Für uns ist sie viel mehr als eine Chefin. Gaby ist so um unser Wohl besorgt; sie fragt uns ständig nach unserem Befinden, ist an unserer Meinung interessiert und glaubt so sehr an unser Potential als junge Freiwillige. Gaby bietet uns so viele Möglichkeiten in Piura, nahm uns überall hin mit, damit wir alles kennenlernen, um das zu finden, was uns erfüllt; sie sieht jeden von uns ganz persönlich an. Gaby ist uns allen eine Freundin.
Eines, wofür sie unter allen Freiwilligen schon bekannt ist, sind ihre unglaublichen Abendessen, welche sie für uns zaubert. Keiner weiß, woher sie die Zeit für all das nimmt; wir können immer nur staunen und genießen. An diesen Abenden tauschen wir unsere Erfahrungen aus. Gaby erzählt uns oft von bewegenden Geschichten der Kinder und Erwachsenen Piuras. Ohne sie wüssten wir von kaum einem der Hintergründe jener Menschen, denen wir begegnen. Ich bin ihr sehr dankbar für alles, was sie für uns tut und mit uns teilt. Die Geschichten verändern meinen Blick, mein Handeln, mein Herz.
Eine Geschichte schrieb Gaby auf, um sie mit allen zu teilen.
Es ist die Geschichte einer sehr alten Frau, welche in einen der Barrios lebt, in denen wir die Ludoteca gestalten. Ihr tut nichts weh, sagt sie, doch als Gaby sie kennenlernte, tat ihr das Leben weh.
Ich wollte etwas schreiben, über sie, und traue mich nicht; seit gestern geht mir Flora nicht aus dem Kopf und ich hoffe, dass sie es auch nicht mehr gehen wird.
Gestern lernte ich sie kennen. Sie lebt auf einem Hügel in der Nähe der Müllhalde. Flora lebt allein, Flora weiß nicht, wie alt sie ist, sie bettelt nicht. Flora kommt aus Huancabamba; Flora hat keine Familienangehörige; sie sagt, sie seien alle von ihr fortgegangen, jetzt bleiben ihr nur ihre Hennen und viele Hunde...
Flora tut nichts weh. Flora arbeitet, Flora sammelt Brennholz und zusammen mit den Eiern geht sie den Hügel hinab, um das Holz und die Eier einzutauschen gegen Reis, Öl und andere kleine Sachen. Flora trägt Wasser, Flora besitzt keine Papiere, also ist Flora unsichtbar, existiert nicht für dieses Land, welches nach oben strebt.
Ich kann mir die Tage Floras nicht vorstellen, und noch viel weniger ihre Nächte, wenn Flora in der Ferne den Schein der Lichter einer Stadt names Piura sieht; einer Stadt so nah und so fern zugleich, welche wächst und wächst und von welcher sie, Flora, ausgeschlossen ist.
Wir Freiwilligen werden für Flora ein Haus bauen; eine Holzhütte zwar, doch etwas, worin sie geschützt ist und einen würdigen Platz für die Nacht hat. Mir scheint, so können wir Flora ein Stück mehr Lebensqualität geben; ihr hoffentlich nachhaltig helfen, und das ist das Wichtigste.
Gemeinsam träumen wir,
gemeinsam wachsen wir,
gemeinsam bauen wir an einer besseren Welt.
"Vivir Mi Vida"
Voy a reír, voy a bailar
vivir mi vida la la la la
voy a reír, voy a gozar
vivir mi vida la la la la
A veces llega la lluvia
para limpiar las heridas
a veces solo una gota
puede vencer la sequía
Y para que llorar, pa’ qué
si duele una pena, se olvida
y para qué sufrir, pa’ qué
si así es la vida, hay que vivirla la la le
Voy a vivir el momento
para entender el destino
voy a escuchar el silencio
para encontrar el camino
Voy a reír, voy a bailar
pa´qué llorar, pa’ que sufrir
empieza a soñar, a reír
voy a reír, voy a bailar
siente y baila y goza
que la vida es una sola
voy a reír, voy a bailar
vive, sigue
siempre pa’lante
no mires pa’ tras
mi gente
la vida es una
Voy a reír, voy a bailar
vivir mi vida la la la la
voy a reí, voy a gozar
vivir mi vida la la la la
„Mein Leben leben“
Ich werde lachen, ich werde tanzen Mein Leben leben lalalala Ich werde lachen, ich werde genießen Mein Leben leben lalalala
Manchmal kommt der Regen,
um die Wunden auszuwaschen
Manchmal kann schon ein einziger Tropfen
die Dürre besiegen.
Und wozu weinen, wozu,
wenn etwas wehtut, vergisst man es Und wozu leiden, warum,
wenn so das Leben ist, muss man es leben.
Ich werde den Moment leben,
um das Ziel zu verstehen
Ich werde in Stille hören,
um den Weg zu finden.
Ich werde lachen, werde tanzen
wozu weinen, wozu leiden
beginne zu träumen, beginne zu lachen Ich werde lachen, werde tanzen
Fühle, tanze und genieße
dass es das Leben nur einmal gibt.
Ich werde lachen, werde tanzen
Lebe, geh weiter
immer nach vorn,
schau nicht zurück
Menschen,
das Leben ist einzigartig!
Ich werde lachen, ich werde tanzen
Mein Leben leben lalalala Ich werde lachen, ich werde genießen Mein Leben leben lalalala
„Nur Reisen ist Leben, so wie umgekehrt Leben Reisen ist.“
Ich liebe es, unterwegs zu sein.
Nirgendwann sonst können wir so vielen verschiedenen Menschen, spannenden Kulturen und einzigartigen Naturphänomenen begegnen, wie auf einer Reise. Reisen räumt mit unseren Vorurteilen auf, sodass wir der Wirklichkeit ein Stückchen näher kommen. Reisen bedeutet für mich, einzutauchen, in die Schönheit unserer Erde um meinen Horizont, der doch oft nur auf mein eigenes Leben beschränkt ist, ein bisschen zu erweitern.
Jeder von uns trägt eine eigene Welt in sich, welche sich jeden Tag verändert, entwickelt und immer wieder neu aufblüht. Wie können wir einander begegnen und uns verstehen, ohne uns dessen bewusst zu sein? Niemand kann aus dieser inneren Welt schlüpfen, Erfahrung und Prägung vergessen; ja seinen persönlichen „Lebensrucksack“ abschnallen.
Der meine erscheint mir so unfassbar leicht, wenn ich auf die Menschen blicke, welche mir in diesem Jahr auf meinem Weg begegnen. Doch mein Kopf verwandelt die Kiesel in meinem Rucksack so oft in schwere Ziegelsteine, welche mich belasten und bedrücken. Und dann höre ich gerade von den Menschen, die doch so viel mehr mit sich herumtragen als ich, diesen wunderschönen, aufmunternden Satz:
„No te preocupes!“, Mach Dir keine Sorgen. Es gibt für alles eine Lösung.
Ich wünschte mein Herz hätte ein bisschen mehr von dieser peruanischen Leichtigkeit...
So erlebnisreich und bereichernd unsere Reise durch Peru und Bolivien auch war, konnte ich es auf dem Rückweg doch kaum erwarten, wieder anzukommen.
Piura ist mir zur Heimat geworden.
Dort bin ich mit so vielem vertraut.
Dort fühle ich mich am wohlsten.
Die Ferien in Piura ziehen sich nicht ohne Grund von Weihnachten bis Anfang März hin. Es ist die unfassbare Hitze, die alles zum Erliegen bringt; in der dir jede Bewegung den Schweiß aus dem Körper treibt und Du nach Verlassen der Dusche eigentlich sofort wieder hineinsteigen möchtest. Dennoch haben wir Freiwillige uns natürlich nicht zwei Monate auf die faule Haut gelegt.
Ende Januar begannen wir immer nachmittags bei ASPOV zu helfen, der „ASociacion POr la Vida“ (Assoziation für das Leben).
ASPOV ist die einzige Organisation in der Region Piura, die sich um Menschen kümmert, welche mit HIV infiziert sind.
Ihre Mission ist es, den Betroffenen ein würdiges Leben zu ermöglichen.
Dies geschieht durch ärztliche und psychologische Beratung, Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln, sowie Begleitung und Hilfe bei allen Problemen, welche die Krankheit für die Infizierten mit sich bringt. Außerdem setzt sich ASPOV für die Rechte der Betroffenen ein und kämpft gegen ihren Ausschluss aus der Gesellschaft, den Krankenhäusern und sogar aus ihren eigenen Familien.
Die Organisation will die Gesellschaft über HIV/Aids und Verhütung aufklären, welche oft noch Tabuthemen sind, und die Menschen dafür sensibilisieren.
Darüber hinaus betreibt ASPOV eine Herberge, in der Kinder leben, deren Eltern nicht in der Lage sind, sich um sie zu kümmern und ausreichend zu versorgen. Zurzeit leben neun Kinder zwischen 5 und 13 in dieser Herberge, von denen acht Kinder mit HIV infiziert sind.
Da ASPOV ebenso wie CANAT von Jesuiten mitgegründet wurde und Unterstützung erfährt, arbeiten die beiden Projekte immer wieder zusammen und es ist üblich, dass einige der Freiwillige von CANAT auch halbtags in der Herberge von ASPOV mithelfen.
Wir Freiwilligen spielten mit den Kindern, halfen ihnen bei schulvorbereitenden Aufgaben oder bei allem, was im Haushalt erledigt werden muss (Wäscheberge zusammenfalten, Geschirr spülen...). Nachmittags gingen wir mit den Kindern in den Park um die Ecke, was für sie das Größte ist, da sie sonst nicht oft aus dem für neun Kinder doch recht kleinen Haus hinauskommen.
Im November hatten einige Freiwillige, welche damals bei ASPOV halfen, die Idee, das Heim zu renovieren, da die Wände bereits abgenutzt und die Ausstattung insgesamt rech spärlich war. Wir sammelten also Geld für neue Farbe und Möbel und verwandelten das Haus in einer Wochenendblitzaktion von außen und innen in ein strahlendes Heim.
Die Kinder waren sehr begeistert und berührt.
Im Februar kümmerten wir Deutschen uns noch darum, ein Hausaufgabenzimmer im unteren Stock einzurichten und zu gestalten, sodass die Kinder jetzt auch einen Raum haben, in dem sie in Ruhe lernen können. In diesem Zimmer fand vor Schulbeginn noch ein Projekt namens „mochila“ (Rucksack) statt, in dem die Kinder von ASPOV an 5 Vormittagen über verschiedene Themen (Hygiene, Ernährung...) unterrichtet wurden, um am Ende einen Schulranzen mit allen nötigen Materialien zu erhalten. Auch dabei halfen wir mit viel Freude.
Die Kinder in ASPOV habe ich in der doch recht kurzen Zeit so lieb gewonnen, dass ich versuchen werde, sie nun ab und an Montagnachmittags zu besuchen.
Sie leben zusammen wie eine große Familie, welche sich gegenseitig hilft und einander respektiert, was mich sehr beeindruckt. Ein Junge hat eine geistige Behinderung, doch er lernt Seite an Seite mit den anderen mit und hilft, wo er kann. Die Kinder bringen uns Freiwilligen teilweise noch Manieren bei, was immer wieder sehr amüsant ist („No se habla con la boca llena!“ – „Man spricht nicht mit vollem Mund!“). In ASPOV haben sie alles, was sie brauchen und wachsen als glückliche Kinder mit vielen „Geschwistern“ auf.
Im Eingang der Herberge hängt eine große Fotocollage der Kinder mit einem Satz darunter, der mir sehr gefällt:
„ Aveces sentimos que lo que hacemos es tan solo una gota en el mar. Pero el mar sería menos si le faltara una gota.“
(Manchmal haben wir das Gefühl, dass das, was wir tun nur ein Tropfen im Meer ist. Doch das Meer wäre weniger, wenn ihm ein Tropfen fehlte.)
Das macht mir wieder bewusst: So wenig es auch sein mag, was wir kleine Menschen auf dieser großen Welt zu tun vermögen; wir tun es und wir tun es von Herzen. Und das macht den verändernden Unterschied.
Kurz vor der Halbzeit meines Jahres fand unser Zwischenseminar in Baños de Agua Santa (Bäder des heiligen Wassers), einem der wichtigsten Wallffahrtsorte und Touristenzentren Ecuadors statt. Für mich war es eine sehr bereichernde Woche im Austausch mit anderen Freiwilligen und ich stellte fest, dass ich im Grunde nur Positives zu teilen hatte. Mein Platz hier in Piura erscheint mir rundum perfekt; ich könnte mir keinen besseren vorstellen.
Es war sehr interessant, die Freiwilligen aus Ecuador kennenzulernen. Sie alle haben bereits so viel erlebt, sind durch Höhen und Tiefen im Projekt, der Gastfamilie oder anderswo gegangen. Jeder konnte tausend Geschichten erzählen und so verschieden sie auch waren, verstanden haben wir sie alle, denn sie ähneln sich doch irgendwo. Das Seminar war geprägt von vielen Diskussionen zu selbstgewählten Themen, Rollenspielen, unglaublich gutem deutschem (!) Essen sowie einem Besuch in den schwefelhaltigen Thermalbädern morgens um sechs Uhr mit Badekappenpflicht im erhitzten Wasser des derzeit wieder aktiven Vulkans Tungurahua. Die Stimmung war sehr angenehm.
Beim Abschlussgottesdienst erhielten wir zwei Karten mit Wünschen darauf für die kommende zweite Hälfte. Die eine Karte wurde von einem anderen Freiwilligen ausgesucht, die zweite durften wir uns selbst schenken. Ich erhielt Reichtum an Erfahrungen und suchte mir die Hoffnung heraus. Hoffnung wünsche ich in vielerlei Hinsicht. Zum einen darauf, dass sich die Erfahrungen, welche ich aus diesem Jahr mitnehme für mein Leben lang in mir verwurzeln, zum anderen die Hoffnung, dass die Kinder von Manitos wirklich eine bessere Zukunft haben werden.
Beim Seminar wurde mir eines wieder bewusst: Jeder unbekannte Mensch kann Dir vertraut werden. Geduld und Offenheit sind der Schlüssel.
Nach dem Seminar blieb uns kaum eine Verschnaufspause. Daheim angekommen fanden wir uns mitten in den Vorbereitungen der Programme CANATS wieder. Die Ludotecas in den Barrios Piuras mussten aussortiert, aufgeräumt und mit neuen Sachen bestückt werden. Das Programm “Manitos Jugandos” (spielende Händchen) wollte für März geplant sein und das Team mit den neuen spanischen Frewilligen vertraut werden. In Manitos Trabajando brachten wir das Chaos in der Bibliothek in Ordnung. Was dann noch fehlte, waren die Kinder.
An zwei Tagen gingen wir vormittags auf den Markt für die sogenannte “Captación” (Empfang/Auffang). Wir machten uns auf die Suche nach arbeitenden Kindern und Jugendlichen für die drei Programme CANATS, welche jedes Jahr wieder neue Gesichter aufnehmen. Als “Gringa” hat man schon einen Vorteil bei dieser Art von Aktion: die Leute schauen dich sowieso an, somit hast Du die Aufmerksamkeit vieler und daher leichte Arbeit. Teilweise riefen Verkäufer nach mir und wollten eines der Informationsblätter haben. Jeder wollte wissen, was die “Gringa” zu verkünden und zu vergeben hatte. Zum Glück war ich immer mit einer Peruanerin unterwegs, sonst hätte ich mich wohl sehr unwohl und verloren gefühlt.
Meine Augen suchten die Kinder. Einmal den Blick dafür geschärft, entdeckte ich überall Händchen, die ihren Eltern halfen, schwere “Carretillas” beluden und sie hinter sich herzogen. Eine Frau fragte ich, ob es ihr Kind sei, das dort am Boden einen Transportwagen bepackte. Sie antwortete: “Nein, das ist ein Kind, welches arbeitet.” Stellen Sie sich vor, genau für dieses habe ich eine Einladung…
In den Barrios Los Angeles und Castilla luden wir die Kinder ebenfalls ein, sich in die Ludotecas einzuschreiben. 2 Monate hatte ich diese Teile Piuras nicht gesehen; es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit und die Armut der Menschen dort traf mich beinah wie am Anfang.
Ich entdeckte so manche bekannte Kindergesichter. Es war eine riesige Freude, sie wohlbehalten anzutreffen. Einige fand ich schüchterner vor, als ich sie verabschiedet hatte; vielleicht lag es aber auch nur an der Tatsache, dass sie nicht zwischen all den anderen glücklichen Kindern waren. Jedenfalls wusste ich wieder, wie gut es ist, was wir hier tun.
Wir bewegen etwas, damit es wiederum etwas bewegt.
Wir sind der Tropfen im Meer.
Liebe Sophia,
ich wünsche Dir weiterhin viele Glücksmomente auf Deiner bewegenden Reise. Pass auf Dich auf.
hasta luego
Papa
"Das Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt."
Albert Schweitzer
Das Jahr 2014 begann so gut, dass ich es mir nicht besser hätte wünschen können.
Schon der letzte Tag des vergangenen Jahres war einfach perfekt. Ich habe mir mein Leben lang gewünscht, einmal meinen Geburtstag im Sommer feiern zu können; eine solch unglaubliche Hitze wie diese hier in Piura war mir dabei natürlich nicht in den Sinn gekommen.
Der Tag begann mit einem Geburtstagsständchen meiner Familie via skype, wobei sie zunächst vergaß, die Kamera anzuschalten und mich somit das Lächeln meiner Liebsten hinter abgebrannten Wunderkerzen begrüß te. Ich war zu Tränen gerührt. Mein lieber Mitbewohner überraschte mich mit einem kreativen Geburtstagsfrühstück, welches mich darstellen sollte. Das Beste daran war mein Bauch; eine riesige Schwarzwälderkirschtorte, auf welche sich die eintrudelnden Gäste genüsslich stürzten.
Mit dem Nötigsten für die Nacht machten wir uns auf den Weg nach La Tortuga, an den schönsten Strand Perus. Beim Umsteigen in Paita war der Wahnsinn los. Überall wollte man uns „muñecas“ andrehen, angemalte Strohpuppen, auf die man alles Böse projiziert und sie anschließ end verbrennt. Wir kämpften uns durch Berge an gelber Unterwäsche, welche angeblich Glück bringen soll. Das einzige, was wir kauften, waren drei Raketen. Punkt sechs Uhr erreichten wir La Tortuga. Wir Deutschen wünschten uns ein frohes Neues in Gedanken an unsere Lieben daheim, welche bereits sechs Stunden eher ins neue Jahr gerutscht waren.
Wir erlebten gerade noch rechtzeitig die letzten Sonnenstrahlen 2013s, als wir unseren Lagerfeuerplatz erreichten. Die Nacht füllte sich mit dem Geruch von Rauch und Stockbrot, Lachen und Gitarrenmusik. Kurz vor zwölf wagten wir uns ins Meer und verbrachten den Jahreswechsel in den Fluten des Pazifiks. Punkt Mitternacht zog der Himmel auf und meine geliebten Sterne raubten mir jegliches Begreifen. Im Wasser glitzerten Organismen. Wir waren uns einig: es mussten Glückssterne sein, die nur für uns vom Himmel gefallen waren.
Am 2. Januar verließ en Flo und ich unsere piuranische Heimat. Eine Reise lag vor uns, so spontan und frei, wie es sich für ein Abenteuer gehört. Immer gen Süden war der einzige Plan. Und so war das Ticket für den Nachtbus nach Lima unsere Eintrittskarte in ein zwei wöchiges Abenteuer.
Lima. Stadtrundfahrt im Doppeldeckerbus, wir joggen am Morgen im Küstennebel, ich kaufe mir eine "zampoña" (Panflöte) auf dem Inka-Markt. Wir passieren den Armutsgürtel Limas bei Nacht. Lichter bis hoch in die Berge hinauf. Erschütterung. Nachdenklichkeit.
Ica. Miriam gesellt sich zu uns dazu. Die Oase Huacachina liegt wie ein grünbraunes Auge bewimpert von Schilf und Palmen eingebettet in den weißen Sanddünen. Sie soll vor langer Zeit aus den Tränen einer Göttin entstanden sein. Wir entspannen am Ufer, preschen mit einem Sandbuggy durch die Dünen und rutschen mit Sandboards ins Tal.
Arequipa. Wir kosten das für die Stadt bekannte „Queso helado“ (Eis aus Vanille, Milch, Kokos, Zimt). Ein Llama spuckt mich an. Regen.
Puno. Wir stöbern im Mercado artesenal am Titikakasee. Stulpen und Mütze gegen die Kälte. 3830m. Schneller Herzschlag. Wiedersehen mit meiner lieben Freundin Mimmi. Freudenschreie. Ich will den Augenblick festhalten. Viel zu schnell vorbei.
Copacabana nach Grenzüberschreitung Boliviens. Zeitverschiebung. Wir genießen „Trucha“ (Forelle).
Bootsfahrt auf die „Isla del Sol“(Sonneninsel). Von hier aus soll das Inkareich erschaffen worden sein. Tradition trotz Tourismus. Eigenanbau, Frauen mit weiten Röcken und Bommeln an Zöpfen. Kinder bedienen uns im Restaurant. Gigantische Aussicht vom Bergkamm, schneebedeckte Anden. Der Himmel brennt. Wir setzen uns in Decken gehüllt vor die Hütte. Philosophieren. Mitten in der Nacht wache ich auf. Noch nie habe ich solch einen überwältigenden Sternenhimmel gesehen. Ich lausche dem Klang der Stille. Alles um mich herum ist Magie.
Mit Bus und Schiff nach La Paz. Kesselstadt. Unverputzte, unbedachte Häuser, Wir stürzen uns in einen Shoppingmarathon auf dem Mercado artesanal. Ich sehe Kinder, die schon so gekonnt Ware anpreisen. Tote Alpakababys. Lederware und Klamotten zu unfassbar kleinen Preisen. Wir können kaum widerstehen.
Letzter Abend im English Pub. Revuepassieren lassen. Dankbarkeit. Heimatsehnsucht. 53 Stunden Rückweg.
Aufwachen in Piura. Willkommen in der Hitze. Willkommen zu Hause.
Fein. An den letzten Stationen war ich auch schon....
Ich lebe in einem Haus im fünften Stock, von dem die Fassade abblättert und die Stufen abgetreten sind; in dem das Wasser beliebig von sonnenwarm zu eiskalt wechselt und man die Wäsche zum Trocknen aus dem Fenster hängt; in einem Haus, in dem die verschiedensten Menschen zusammengewürfelt leben, in dem sich jeder freundlich grüßt und man sich gegenseitig Hilfe anbietet.
Ich lebe in einer Straße, in der so viel Grün zu finden ist, wie in kaum einer anderen; in der es keine Mülltonnen gibt und der Müll daher in Säcken an Laternenpfählen gestapelt wird, worin Menschen nachts und manchmal auch tagsüber wühlen.
Ich lebe in einem Stadtteil; in dem Hunde keine Besitzer haben und die Menschen wenig Bedürfnis nach Schlaf; in dem man Messen zwischen himmeloffenen Mauern feiert, in dem man Fußball spielt auf einem Fußballplatz, der nachts zum Parkplatz wird; in dem es an Tiendas und Essensbuden nur so überquillt, welche alles verkaufen, was man braucht; und in dem manchmal eine Art Jahrmarkt aufgebaut ist, den jedoch kaum einer besucht.
Ich lebe in einer Stadt, in der sich die Autos durch wildes Hupen bemerkbar machen, den weißen Frauen hinterher gepfiffen wird und in der kein Suchender ohne Hilfe bleibt; in einer Stadt, in der man teilt und Geschwister eine unglaublich enge Bindung haben; in einer Stadt, in der politische Botschaften auf Wände gemalt werden und doch vielen die Bildung und der Weitblick dafür fehlt; in der die Familien so groß und die eigene Entfaltungsmöglichkeit so klein sind; in einer Stadt, in der Kinder so früh so viel Verantwortung tragen und arbeiten müssen, damit ihre Familie hier leben kann; in einer Stadt, in der sich die Reichen stundenlang in den Einkaufszentren tummeln, im Konsum baden, ins Kino gehen oder sich teure Mahlzeiten gönnen; in der die materiell armen Menschen ihre Häuser aus dem bauen müssen, was sie finden, an denen es an allem fehlt, nur selten an einem Fernseher, denn man möchte doch auch teilhaben an der Welt des angeblich Erstrebenswerten; in der man besorgt um Dich ist und Du von der Kriminalität, vor der dich alle warnen doch nichts mitbekommst; ja in einer Stadt, die so vermüllt ist und doch stetig bestrebt, moderner zu werden.
Ich lebe in einem Land, das die Musik so sehr im Blut hat und den Salsa liebt; in dem gefeiert wird zu jeder Wochen-, Tages- und Uhrzeit; in dem man gern trinkt; ob Bier, Pisco oder Rum; in dem Feste so wichtig , Gäste willkommen und Traditionen unauslöschbar sind; in einem Land, in dem der Glaube die Menschen trägt- durch alle Lebensbereiche- und in dem sie diesen stolz und oft sehr theatralisch zur Schau tragen; in dem es Essen im Überfluss gibt und es so vielen Menschen doch daran mangelt; in einem Land, welches jedes Klima erträgt, dessen Natur so facettenreich und einzigartig ist; in einem Land, in dem sich kulinarische Köstlichkeiten aus Afrika, Nordamerika, Europa und der Inka bereitwillger mischen als seine Menchen aus fünf verschiedenen Kontinenten; in einem Land, das im Überfluss besitzt und doch arm ist, weil es ausgebeutet wurde und immer noch wird; in einem Land, das trotz all dem Mangel und der Verbitterug über die korrupte Politik einen großen Nationalstolz besitzt; in dem die Menschen inmitten ihrer gewaltigen Probleme mit Lebensfreude , Ausdauer und immenser Zuversicht faszinieren; ja in einem Land, das sich noch bis zum Beginn der 1990er Jahre in inneren Kriegen zerfleischte und indem die Menschen so liebenswürdig und herzlich sind wie in kaum einer anderen Region dieser Erde; zusammengefasst in einem Land; in dem Tradition und Moderne; Hoffnung und Verzweiflung; Armut und Reichtum, Mangel und Überfluss; Glück und Pech so dicht beieinander leben, dass es ein sehr buntes, vielschichtiges Bild sein wird, welches sich in Dir einprägt, wenn Du all das für eine Weile miterlebst.
Ich lebe nun seit 5 Monaten hier. Alles, was ich weiß, ist was ich spüre.
Ich spüre, dass dieses Haus, diese Straße, dieser Stadtteil, diese Stadt und besonders dieses Land an meinem Herzen festzuwachsen beginnt.
... das klingt nach Liebe. Und unauslöschbaren Erinnerungen.
Liebe Sophia!
Oma hat mir gerade diese wundervollen Zeilen von dir geschickt und ich bin im höchsten Maße gerührt! Deine Zeilen gehen mir richtig unter die Haut! Vielen Dank ! Es freut mich sehr, dass dich dieses
Land und dieses Leben so berühren und du so viele verschiedene Erfahrungen machen darfst! Die Zeit nach dem Abitur könntest du wohl nicht besser nutzen!
Wie schnell die Zeit doch vergeht! 5 Monate bist du schon weg? Kaum zu glauben! Ab jetzt werde ich jedenfalls deine Geschichten verfolgen!
Ich freue mich schon von dir wieder zu lesen : )
Ganz liebe Grüße aus dem kalten, nebligen München
Kerstin
Liebe Sophia! Schongau, 22. 1. 2014
Wir sind immer wieder angerührt von deinen Texten, mit denen du uns an deinen Erlebnissen teilhaben lässt. Für die 2. Hälfte deines Peruaufenthaltes wünschen wir dir mit Gottes Segen weiter viel
Freude an deiner verantwortungsvollen Arbeit.
Liebe Grüsse v. deinem H-Opa u. Oma
PS: Ein Freund, der an der Münchner Jesuitenfachhochschule für Sozialpädagogik als Professor gearbeitet hat erzählte mir, dass ein Artikel von dir in der Jesuitenzeitung erschienen ist RESPEKT!
Zeit und Jahreszeit verlieren hier in Piura ihre Bedeutung für mich.
Bei euch in der fernen Heimat schleicht sich der Winter zumindest allmählich ein und begräbt die letzten warmen Tage unter seiner kalten Hand. Der Wechsel der Jahreszeiten lässt spüren, dass die Zeit vergeht. Das Jahr neigt sich dem Ende zu.
Hier in Peru jedoch herrscht ewiger Sommer. Es bedarf keines Wetterberichts, denn Regen gibt es so selten, dass ich ihn in der Zeit meines Hierseins noch an einer Hand abzählen kann. Jeden Tag erstrahlt der Himmel in seinem makellosen Blau und die Sonne lacht von Tag zu Tag noch intensiver herab. Wir schwitzen bereits beim Verlassen des Hauses. Man beruhigt uns: Das ist noch lang nicht der Höhepunkt.
Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie absurd es sich daher für mich anfühlte, unter diesen Umständen Weihnachten zu feiern. Schon in der Adventszeit konnte ich wenig Besinnung finden. Anstattdessen Limetta und Weihnachtskugeln zwischen Grün und Staub. Geschmückte Häuser mit kitschigen Papa Noél Bildern und Lichterketten, welche in einem penetranten Piepton und in Dauerschleife von 7 Uhr bis spät in die Nacht hinein Weihnachtsmusik dudeln. Ich fühlte mich zeitweise wie im falschen Film. Zumindest haben wir Freiwilligen uns gegenseitig einen Adventkalender gebastelt, damit diese sonst so überraschungsgeschwängerte Zeit nicht ohne einen Hauch Weihnachtsgefühl vorübergeht. Eines meiner Türchen möchte ich mit euch teilen. Aber dazu später.
Weihnachten war also etwas ganz besonderes für mich in diesem Jahr.
Ein Jesuitenpater lud uns ein, an seiner Messe auf einem Dorf außerhalb teilzuhaben. Wir trafen uns also vor der Jesuitenschule und stiegen auf die Ladefläche seines Jeeps. Dann fuhren wir eine Stunde durch Dörfer und Staub, bis uns ein wundervoller Weihnachtshimmel überspannte, der uns zumindest ein wenig besinnlich stimmte. Die Dorfkirche war klein und recht schlicht; doch füllte sie sich auf einmal mit Leben, als all die Menschen, darunter gefühlt 200 Kinder, einströmten. Eine Blaskapelle spielte die Einzugsmusik und Mädchen tanzten und sangen in traditionellen Gewändern. Die Messe dauerte jedoch nur eine halbe Stunde, da Pater Juan erkältet war. Dafür folgte hinterher eine Massentaufe, welche sicher genauso viel Zeit beanspruchte. Am Ende zündeten alle eine Kerze an, was in dem einfachen Raum eine heilige Atmosphäre erschuf. Wir Deutschen waren die Attraktion des Abends, aber man nahm uns wie in einer großen Familie auf, was sich wirklich wunderbar anfühlte. Alle umarmten und küssten sich und wünschten einander „Feliz Navidad“. Anschließend folgte die Gemeinde der Blaskapelle nach draußen, während wir mit dem Jeep wieder in die Nacht verschwanden, um bald darauf Truthahn und Sangría zu genießen. Es war ein bewegender Tag, den ich nicht hätte missen wollen, doch jetzt weiß ich die Weihnachtsfeste im Kreise meiner Familie dafür umso mehr zu schätzen.
Vor Weihnachten wurden in den verschiedenen Einrichtungen noch alle Hände gebraucht. Für Manitos Creciendo und die Ludotecas mussten 700 Weihnachtspäckchen mit jeweils einem Paneton (das typische Weihnachtsbrot mit bunten Gelatinestückchen darin), Schokomilch und einem Bon Bon gepackt werden. Des Weiteren wurden für die Familien in Manitos Trabajando 75 Tüten mit jeweils 7 Kilo Reis, 4,5 Kilo Bohnen, 6 Dosen Milch und einem großen Paneton benötigt. Es war eine Arbeit von Stunden über mehrere Tage. Als der riesige Berg an Tüten endlich vollständig war, fühlte ich mich sehr zufrieden. Einerseits ist es gut, zu sehen, was man geschafft hat. Andererseits spüre ich, wie viel mehr das Unsichtbare ist, was ich hier tue. Jedes Lächeln, jedes ernstgemeinte „Que tall?“, jedes Mal, wenn ich mich einer Person mit ganzem Herzen widme.
Es verändert auch mich.
Manitos Trabajando ging am 15. Dezember in die Ferien; die Ludotecas schlossen ebenfalls über die Sommerpause. Viele Freiwillige aus Spanien und Frankreich sind zurück in ihre Heimat geflogen. Die Abschiede verdichteten
sich in den letzten Wochen immer mehr. Ich bekam zeitweise ein Gespür dafür, wie es sein wird, wenn meine Zeit gekommen ist. In mir zog sich alles zusammen und hinter meinen Augen wuchs ein See.
Es wäre furchtbar, müsste ich jetzt gehen, wurde mir dann klar. Das Leben hier ist mir mittlerweile so vertraut geworden und ich bin so
froh, dass 2/3 des Jahres noch auf mich warten. So habe ich Zeit, um all das hier zu vertiefen, auszuweiten und noch
unendlich viel zu leben.
Miriam, mit der ich zusammen in der Aula Verde bei Manitos Trabajando helfe, und ich wollten „unseren“ Kindern noch etwas mit auf den Weg geben. So bastelten wir ihnen Weihnachtskarten, in die wir kleine individuelle Texte schrieben. Uns erstaunte, wie gut wir "unsere" Kinder mit ihren einzelnen Fähigkeiten, Schwächen und Besonderheiten bereits kennen. Dennoch wissen wir so wenig über ihr Leben außerhalb von Manitos. Die Lehrerin der Aula teilt ihre Erfahrungen oft mit uns, wofür wir ihr sehr dankbar sind.
Es sind traurige Geschichten.
Neben der Armut gibt es in vielen Familien sehr viele Probleme: die Frauen wechseln oft ihre Partner und haben viel zu viele Kinder, weil Verhütung kaum ein Thema ist. Die meisten Familien sind außerdem noch sehr traditionell geprägt. Das "Machista"- Denken der Männer verbietet den Frauen die Emanzipation, sodass die Rollenverteilung klar verteilt ist: Die Frau kocht, putzt und wäscht, während der Mann seiner Arbeit nachgeht. Die meisten Frauen denken, sie seien auf einen Mann angewiesen und suchen sich daher schnell einen neuen, wenn sie der alte verlassen hat. Wie es den Kindern damit geht, interessiert sie kaum. Die Achtlosigkeit mancher Eltern macht mich richtig wütend. Viele Kinder in der Aula haben kaputte Schuhe und dreckige Kleidung. Manchen fehlt es sogar an der Schuluniform, die hier Pflicht ist. Manchmal kommen Kinder im Schlafanzug zu Manitos. In La Tortuga gab es ein Baby in der Ludoteca, von dem alle Kinder sagten, es hätte noch keinen Namen. Das Baby war bereits ein halbes Jahr alt.
Wenn ich allein Hausaufgabenbetreuung mache, fangen die Jungs oft an, sich zu schlagen. Wenn ich dann eingreife, bekomme ich manchmal auch etwas ab. In diesen Momenten bin ich so hilflos; es ist nicht die Sprache, an der es mir dann fehlt. Es ist diese unglaubliche Ratlosigkeit, wie ich mit reproduzierter Gewalt umgehen soll. Einige Kinder erzählen mir, dass sie jeden Tag geschlagen werden. Wenn ich sie dann frage, warum sie dann selbst schlagen, sehen sie mich nur ratlos an. Kinder sehen. Kinder handeln. Manitos arbeitet so gegen die Gewohnheiten in den Familien an. Die Lehrerin der Aula sagte einmal: Wenn die Kinder in Manitos 10 Schritte nach vorn machen, gehen sie daheim wieder 9 Schritte zurück.
Manchmal entdecke ich einen angsterfüllten Blick in den Augen der Kinder, wenn ihnen etwas herunter gefallen ist oder sie wissen, dass sie etwas falsch gemacht haben. Was muss bei vielen von ihnen zu Hause nur geschehen, dass sie solch einen Blick besitzen? Oft möchte ich es gar nicht wissen. Andererseits ist es genau das, was mir vielleicht zu einem besseren Verständnis des Verhaltens der Kinder helfen würde.
Deshalb war es eine unglaublich wichtige Erfahrung für mich, Josés Haus zu besuchen. José habe ich von den Kindern der Aula am intensivsten wahrgenommen; durch all die Stunden, die ich in den vergangenen Monaten neben ihm saß und mit ihm die Buchstaben und Zahlen schrieb. Zudem lebt José in Los Angeles und kommt daher selten auch in die Ludoteca dort. Ich war also bei ihm daheim.
Er lebt mit seiner Mutter, deren neuem Partner, seinen zwei und bald schon drei Brüdern in einem winzigen überdachten Zimmer. Darin befinden sich ein Bett, ein Kühlschrank, ein Fernseher und eine Kochstelle. Vor meinem geistigen Auge sah ich José an den Töpfen stehen und Reis zubereiten. Er müsste auf dem einzigen Stuhl im Raum stehen, um an den Herd zu kommen. Ich redete mit dem neuen Partner der Mutter. Fragte ihn, ob José und sein Bruder, der elf ist, im kommenden Jahr endlich zur Schule gehen würden. Er bejahte. Ich fragte, ob sie am nächsten Tag alle gemeinsam zum Abschlussfest von Manitos Trabajando kommen würden. Er bejahte. Ich bat auch die Mutter, zu kommen, damit sie sah, in was für einer wunderbaren Einrichtung ihre Söhne lernten. Sie versprach es mir. Als ich das Haus verließ, spielte José draußen mit Steinen im Sand. 10 Schritte vorwärts. 9 Schritte zurück.
Ich habe Angst, dass es über die langen Sommerferien 11 sein werden.
Der kleine José bewegt mich sehr. Manchmal schleicht er sich leise herbei, wenn ich in der Küche bin und Gemüse schneide. Er ruft dann schüchtern meinen Namen und bittet um ein Marmeladebrot. Wenn ich ihn umarme und sein Engelslächeln an meinem Gesicht spüre, geht die Sonne in meinem Herzen auf. Ich will dieses Lächeln konservieren, will es festhalten; ich habe Angst, dass es ihm zwischen all der Gewalt, fehlender Lobworte und verwehrter Zärtlichkeit abhanden kommt. Manitos gibt José die Zustimmung, dass er wertvoll ist. Doch genügt das, damit er es glaubt? Dieser Junge hat so viel Talent. Er hat in so kurzer Zeit Farben, Zahlen und sogar einige Buchstaben gelernt. Er ist so schlau, doch wozu? Wozu haben Menschen Fähigkeiten in die Wiege gelegt bekommen, wenn sie diese niemals verwirklichen können?
Die Abschlussfeier von Manitos Trabajando war wahrlich ein Fest. Jede Gruppe präsentierte sich. Die Jugendband „Khallpa Kuhyay“ (Stärke und Liebe) präsentierte ein paar Lieder, unter anderem auch „El chuño“, welche wir auch bei unserem „concierto para America del Sur“ gespielt hatten. Als sie es ein zweites Mal vorführten, durfte ich sogar mitsingen, wobei mir die Erinnerungen an unser wunderbares Konzert im Juni hochkamen. Die Mädchen aus meiner Aula präsentierten den Tanz, welchen sie wochenlang geübt hatten. Die Kinder aus dem Cajonunterricht spielten den Rhythmus, der mir inzwischen so vertraut geworden ist. Es war wunderbar zu sehen, was ich in den vergangenen vier Monaten gemeinsam mit den Kindern lernen durfte. Meine Blockflötenjungs traten natürlich auch auf. Wir spielten „Estrellita“, also die Melodie von „Morgen kommt der Weihnachtsmann“; zuerst ruhig und dann in einer rhythmischen schnellen Version. Ich war vermutlich die Aufgeregteste von allen, aber vor allem sehr stolz auf „meine“ Flötenjungs. Zwischen den Programmpunkten wurden viele kleine Ansprachen gehalten, gedankt, gelobt, verabschiedet, gemeinsam getanzt und gegessen. José und seine Familie waren nicht gekommen.
Der Abschied von den Kindern meiner Aula und all denen in den Ludotecas fiel mir so schwer; obgleich es nur ein vorübergehender ist. Was passiert mit ihnen in diesen 10 Wochen ohne das stetige Lernen und Bestärken ihrer Person in Manitos? Wird vieles wieder auf Null zurück versetzt, was sie in den vergangenen Monaten gelernt haben? Und was wird erst mit ihnen geschehen sein, wenn ich in einigen Jahren zurück komme? Hat die Zeit in Manitos etwas bewirkt? Haben sie mehr Chancen als all die anderen arbeitenden Kinder?
Diese Kinder schenken mir so unendlich viel Glück. Wie soll ich sie nur endgültig verlassen? All das fehlt mir jetzt schon; ihr Lachen, ihre Küsse, ihre Leichtigkeit inmitten dieser materiellen Armut und der zerrütteten Familien. Sie lehren mich innerlich zu fliegen, über meinen Egoismus hinauszuwachsen. Von ihnen lerne ich, worauf es ankommt.
Ich laufe durch die staubigen Gassen Los Angeles auf meinem letzten Heimweg vor der Sommerpause. Kinder kommen von allen Seiten angerannt. Umarmen mich. Ich küsse sie. Felíz Navidad. Nos vemos en el año que viene. Cuidate mucho. Mein Herz ist so voll mit Liebe. Wie kann es sein, dass man diese Kinder mit so wenig glücklich machen kann? Da mí una vuelta! Dreh mich noch einmal. Ich will auch ein Flugzeug auf deinen Füßen sein. La ultima! Es ist doch bloß eine Drehung. Es tut mir jedes Mal weh, gehen zu müssen. No puedo mas. Nos tenemos que ir. Hasta la proxima. Wenn ich könnte, würde ich allen Kindern Piuras endlos viele vueltas geben, um sie glücklich zu machen.
Die kommenden Wochen ohne Manitos werden sicher so schnell vergehen. Doch meine Gedanken, die so oft um all die Kinder kreisen,werden mich begleiten. Wie werde ich sie wieder antreffen? Und die wichtigste Frage überhaupt: Werde ich sie überhaupt alle wiedersehen?
Das jetzt erst einmal Ferien sind, ist vielleicht aber auch gut so.
Zeit, um das abenteuerliche erste Drittel zu verdauen. Und um Kraft zu tanken, für das, was kommt.
Wie versprochen möchte ich noch eines meiner Adventskalenderpäckchen mit euch teilen. Dieser wunderschöne Text war in ihm enthalten, den ich für euch versucht habe, zu übersetzen, da ich ihn sehr anrührend finde:
Esta es tu vida.
Haz lo que amas y hazlo siempre.
Si no te gusta algo, cambialo. Si no tienes suficiente tiempo, deja de ver TV.
Cuando comas, aprecia cada bocado.
Abre tu mente, brazos y corazón a nuevas cosas y gente; estamos unidos en nuestras diferencias.
Preguntale a la proxima persona que veas cual es su pasion y comparte tu sueño con ella.
Viaja seguido, perderte, te ayudara a encontrarte.
Algunas oportunidades solo vienen una vez, aprovechala.
La vida se trata de la gente que te rodea y de lo que puedas crear con ellos. Asi que sal y empieza a crear.
La vida es corta.
Vive tu sueño y lleva tu pasion puesta.
Dies ist Dein Leben.
Tue das, was Du liebst und tue es immer.
Wenn Dir etwas nicht gefällt, ändere es.
Wenn Du nicht genug Zeit hast, höre auf Fernzusehen.
Wenn Du isst, schätze jeden Bissen.
Öffne Deinen Geist, Deine Arme und Dein Herz für neue Dinge und Menschen; in unseren Unterschieden sind wir vereint.
Frage die Person, die Du als nächstes triffst, nach ihrer Leidenschaft und teile
deinen Traum mit ihr.
Reise ununterbochen; verliere Dich, Dir wird geholfen Dich zu finden.
Einige Gelegenheiten kommen nur einmal, nutze sie!
Das Leben handelt von den Menschen, welche Dich umgeben und von dem, was Du mit ihnen erschaffen kannst. Also geh hinaus und beginne zu erschaffen.
Das Leben ist kurz.
Lebe Deinen Traum und trage Deine Leidenschaft bei Dir.
Ihr Lieben, das wünsche ich euch für das kommende Jahr.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle noch für die lieben und großzügigen Spenden an Manitos. Was hier damit bewirkt werden kann, ist ein großes Geschenk für all die Kinder.
Danken möchte ich euch auch von Herzen, dass ihr euch die Zeit nehmt, all das zu lesen, was ich schreibe, um an meinen Erfahrungen teilzuhaben und sie weiterzutragen.
Ich glaube, so verschieden wir auch alle sind und leben; das, was uns tief im Herzen bewegt, können wir teilen und dabei sicher sein, verstanden zu werden.
HAllo sophia -
Marina hat mir gerade deinen wundeschoenen Blog geschickt. Ich war vor 1998 ganz kurz in Peru, als meine Tochter Nina in Bolivien in einem Waisenhaus mitgeholfen hat. Ich fand das Land und die
Menschen auch sehr beeindruckend - ich denke deine Zeit dort, wrid dich auf immer veraendern und ich weiss, das Pater Pflueger sehr stolz auf seine Bennonin sein wird :) Ich wuensche dir weiterhin
viele schoene Erfahrungen und viel Staerke mit den problematischen umgehen zu koennen. Herzlichst aus Atlanta Frau Box
Liebe Sophia,
was können wir am Deinem 19. Geburtstag mehr wollen, als Dich glücklich und erfüllt zu sehen und zu erleben. Bleib so, wie Du bist!
Herzliche Glückwünsche
Papa, Mama, Sarah und Tobi
Liebe Sophia,
wir wünschen Dir heute einen wunderschönen Geburtstag und viel Spaß am Strand von LA TORTUGA gemeinsam mit Deinen Freunden bei Lagerfeuer, Meeresrauschen und einem leuchtenden Sternenhimmel über
Euch. Gute Sterne sollen Dich, Deine Freunde und die Kinder mit ihren Familien im Neuen Jahr begleiten.
Felicidades por tu cumpleaños, mi amor. Todo lo mejor y la bendición de Dios para usted. Hoy pensamos muy bien de ti y te extrañamos. Su mamá, papá y Tobias
Liebe Sophia
Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag ! Dieser eine Geburtstag wird Dir wohl unvergesslich bleiben in diesem für Dich so erlebnisreichen tief bewegenden Umfeld. Bleib auch im Neuen Jahr
neugierig auf die unzähligen Eindrücke, die Dich noch prägen werden - und gib sie uns weiter, auf Deine wunderbare Art, sie auszudrücken.
Wir wünschen Dir "A guats Neis Jahr a gsunds" und bedanken uns für Deine wertvollen Wünsche aus dem Adventskalenderpäckchen, die wir gerne fürs Leben verinnerlichen.
Viele liebe Grüsse
Klaus und Barbara
Liebe Sophia, deine Schilderungen sind berührend und lassen einem das Herz aufgehen. Schön, dass du diesen Weg für dich gefunden hast. Ich wünsche dir weiter viel Freude und Kraft - damit stets ein
Schritt mehr vorwärts als zurück gelingt. Es ist gut, was du tust!
Ein gutes neues Jahr dir!
J.L.
Wenn Menschen eine lange Zeit fern von daheim sind,
brauchen sie etwas, das ihnen Halt gibt.
Etwas, woran sie sich festmachen können, wenn um sie herum alles verwirrend und aufwühlend ist.
Etwas, das nach Gewohnheit schmeckt und den Duft der Heimat mit sich bringt.
Zum Beispiel eine geliebte Tätigkeit. Gitarre spielen, Backen, Stricken, Schokolade essen. Oder Dinge, die Erinnerungen in sich tragen. Fotos, Briefe, Musik aus der Heimat.
Sie brauchen einen Anker.
Mein Anker ist die Fähigkeit, zu schreiben.
In meinem Kopf herrscht oft ein furchtbar groß es Durcheinander all dessen, was geschieht; von all dem, was ich sehe, höre und fühle. Ich versuche Ordnung in meine Gedanken zu bringen und das gelingt mir am besten, indem ich sie aufschreibe.
Wenn ich dann reflektiere, wie es mir an einem Tag ergangen ist, kann ich manchmal nicht mal eindeutig sagen, ob himmelhoch jauchend oder zu Tode betrübt.
Es gibt Tage, an denen ich alles zugleich verspüre: Hoffnung und Verzweiflung, Klarheit und Verwirrung, Wut und Euphorie… Hätte ich nicht die Möglichkeit zu Schreiben, wüsste ich oft gar nicht wohin mit all meinen Gefühlen, mit den quälenden Fragen und Zweifeln, ob ich hier wirklich etwas bewirken kann.
Aber eines werde ich wohl niemals in Worte fassen können, denn dazu ist sie einfach zu groß: : meine unendliche Unfassbarkeit dieses meines Glücks hier sein zu dürfen..
Doch Glück bedeutet auf jeden Fall, es zu teilen. Und das will ich mit euch.
Noch habe ich euch nichts über meine Nachmittage erzählt, in welchen sich ebenfalls
Gewohnheit einfindet, doch welche mich Tag für Tag aufs Neue herausfordern.
Von Dienstag bis Donnerstag helfe ich von 16 – 18 Uhr in den Ludotecas der Auß enbezirke. In „Castilla“ und „Los Angeles“. Die „Spielotheken“ besitzen einen festen Ablauf, welcher sich wie folgt gestaltet:
Wir beginnen alle gemeinsam in einem Kreis, begrüß en einander und erwählen die sogenannten „Colaboradoren“ (Mitarbeiter) des heutigen Tages. Für die Kinder soll die Aufgabe des Colaboradors eine Auszeichnung für gutes Verhalten sein und ein Ansporn, uns Monitoren bei der Herstellung von Disziplin zu unterstützen. Zudem dürfen sie die „Dynamica“ (ein Bewegungsspiel) des Tages bestimmen, welche anschließ end folgt.
In den ersten Wochen hatte ich noch Mühe, die Spiele der Ludotecas überhaupt zu begreifen. Heute erkläre ich ab und an selbst ein neues. Die Sprache ist einfach der Schlüssel, um richtig in das Geschehen einzutauchen und wirklich loslegen zu können.
Nach der Dynamica teilen wir die Kinder in drei Gruppen, die sogenannten „Rincones“, ein. Zum einen gibt es den „Rincon de Bebés“, welcher ein abgetrennter Raum für die Kleinkinder zwischen 1 und 5 Jahren ist, in welchem sie spielen können. Die anderen beiden Rincones für die 6 bis 12-jährigen wechseln alle zwei Monate, gemeinsam und passend zum jeweiligen Thema. Das vergangene Thema lautete „cooperar y compartir (zusammenarbeiten und teilen), das jetzige ist „alegria y amor“ (Freude und Liebe). Gruppen, welche dazu gebildet werden, heiß en beispielsweise „Rincon de artistas“, in welchem die Kinder mit Temperafarben malen oder Armbänder knüpfen, oder „Rincon sabios“, in welchem die Kinder Geschichten behandeln oder Rätsel raten.
Ich bin jedes Mal in einem anderen „Rincon“ als Monitor eingeteilt und helfe, wo ich gebraucht werde.
Nach den Rincones haben die Kinder „Tiempo Libre“, freie Zeit, um mit den vorhandenen Spielsachen zu spielen. Besonders beliebt sind vor allem die Hula Hupp Reifen und „Rompecabezas“, die Puzzlespiele. Leider sind diese fast immer unvollständig oder kaputt, was die Kinder jedoch nicht davon abhält, voller Enthusiasmus loszulegen.
Zum Schluss kommen alle noch einmal im „Circulo“ zusammen, um sich zu erzählen, was in den „Rincones“ gemacht wurde, anschließ end ein Lied zu singen und sich mit der La-Ola-Welle zu verabschieden. Hinterher kommen die Kinder zu jedem von uns Monitoren, um uns einen Abschiedskuss zu geben. Dieses Ritual überwältigt mich jedes Mal. Die Kinder begeistern mich so. Und es macht mich traurig, dass ihre Talente und groß en Träume wohl nie fliegen lernen dürfen. Ich kehre oft sehr nachdenklich und mit gemischten Gefühlen von den „Ludotecas“ nach Hause zurück.
Die Freitagnachmittage unterscheiden sich von den anderen und halten jedes Mal ein dreifaches Abenteuer für mich bereit:
1. Von 14 bis 15 Uhr findet der Blockflötenunterricht für die jüngste Klasse des Nachmittags statt. In Deutschland hatte ich noch Zweifel, ob es eine gute Entscheidung sei, die Blockflöten, welche ich daheim nicht mehr brauchte, mitzunehmen. Ich hatte mir überlegt, bei Manitos eine Blockflötengruppe zu gründen. Als ich zum ersten Mal zur Kenntnis nahm, dass eine solche bereits existierte, konnte ich mein Glücks kaum fassen. Voller Neugier setzte ich mich damals „solo para escuchar“ (einfach nur um zu zuhören) in das kleine Musikzimmer. Die Kinder spielten mir alles vor, was sie bereits gelernt hatten. Unter anderem präsentierten sie mir ein Kinderlied namens „compañero“, welches sich witzigerweise als „Hänschen Klein“ entpuppte. Und eine Melodie namens „estrellita“ (Sternchen) klang zufällig wie „Morgen kommt der Weihnachtsmann“. Diese Kindheitsklänge aus der Heimat malten mir eine Sonne ins Gesicht.
Mich beeindruckte von Anfang an der Ehrgeiz, mit welchem die Jungen die Lieder übten. Für sie ist es ein unglaubliches Erfolgserlebnis, nach jeder Blockflötenstunde ein neues kleines Lied spielen zu können. Ich wollte sie so gern ein bisschen dabei unterstützen. Was jedoch seit ein paar Wochen Normalität ist, hätte ich mir niemals erträumen lassen: Ich darf die Lieder heraussuchen, welche die Kinder lernen sollen. Ich spiele sie ihnen vor, schreibe die Noten an die Tafel und übe sie gemeinsam mit ihnen Stück für Stück. Der Lehrer begleitet uns anschließend auf dem Keyboard, sodass der ein oder andere falsche Ton auch nicht groß auffällt. Der Glanz in den Augen der Kinder motiviert mich unglaublich. Es ist einfach herzerwärmend, wenn sie das neu erlernte Lied nach dem Unterricht lauthals singen, weil es ihnen so gut gefällt. Das gibt mir groß e Bestätigung. Ich bin gespannt, ob sie sich auch auf den Kanon einlassen werden, welchen ich mit ihnen erlernen möchte.
2. Von 15 bis 17 Uhr gebe ich gemeinsam mit einer anderen Deutschen Englischunterricht in zwei Klassen. Zum einen an Kinder im Alter von 11-13 Jahren; zum anderen an 14-19-jährige Jugendliche. Schon in der ersten Stunde nahmen wir leider wahr, dass die Englischkenntnisse der beiden Klassen beinah gleich waren: nämlich kaum vorhanden. In der Schule scheinen sie auf Englisch nur zu schreiben. Kaum einer konnte „My name is...“ auf Anhieb aussprechen. Unser Projekt „English Manitos“ soll den Kindern die Englische Sprache spielerisch vermitteln. Jede Woche behandeln wir ein anderes Thema und singen dazu Lieder, lassen die Kinder Rätsel lösen oder Englische Begriffe auf dem Campus suchen. Für mich sind diese zwei Stunden immer eine groß e Herausforderung. Zum einen natürlich, weil ich eine Fremdsprache mit einer Fremdsprache erklären muss. Mein Kopf pulsiert hinterher jedes Mal durch den ständigen Wechsel zwischen Deutsch, Englisch und Spanisch. Aber es macht mir unglaublich Spaß. Des Weiteren haben wir oft Probleme mit der Disziplin in der Klasse. Und leider kommen die Kinder auch nicht regelmäßi ig, sodass wir kaum an der vergangenen Stunde ansetzen können. Dennoch glaube ich, dass einige Kinder wirklich einen Gewinn von dieser Stunde haben können und deshalb stürzen wir uns jeden Freitag aufs neue ins Vergnügen des Lehrerseins.
Ich fühle mich Tag für Tag richtiger an meinem Platz in „Manitos“.
Neulich schenkten mir zwei Mädchen aus „meiner“ Klasse selbstgebastelte Papierherzen mit meinem Namen. Sie hatten mich extra nach der deutschen Schreibweise gefragt. Ein andermal konnte ich einen kleinen Jungen in der Ludoteca dazu bringen, die leere Chipstüte, welche er achtlos auf den Boden geworfen hatte, aufzuheben und in den Papierkorb zu werfen. Und nach einer besonders anstrengenden Englischstunde warteten zwei Schülerinnen extra noch vor dem Büro von Manitos auf mich, um sich für den Unterricht zu bedanken.
Es sind diese unzähligen Momente des kleinen Glücks, welche mich immer wieder aufs Neue motivieren. Jawoll, denke ich mir. Das, was Du tust, hat Sinn. Es kommt auf Dich an, wird mir dann bewusst. Und um zwischen all den traurigen Geschichten, welche ich erfahre, nicht zu verzweifeln, erinnere ich mich:
Es kommt auf Dich an, aber es hängt nicht von dir ab.
Und so muss ich es sehen:
Für die Welt mag es vielleicht nichts sein. Aber für diese Kinder ist es die Welt.
3. Nach meinem Arbeitstag, welcher freitags immer eine Stunde kürzer ist, trete ich durch die eiserne Pforte, welche Manitos Trabajando vor dem unberechenbaren Treiben der Stadt abschirmt und schützt. Zwei Ecken nach links und vor mir liegt eine kleine Welt für sich: Piuras Mercado.
Ich atme tief durch und stolpere in das bunte Paradies. Massen an Obst und Gemüse türmen sich neben mir auf, kämpfen um die besten Plätze in den vordersten Reihen und locken gekonnt mit ihrer wunderschönen Farbpracht. Überall lachen mich Angebote an. Erdbeeren, das Kilo drei Soles (80 Cent). 4 Mangos für einen Sol. Wo bloß welche Köstlichkeit einkaufen? Die Auswahl ist gigantisch. Immer wieder entdecke ich unbekannte Früchte in jeder erdenklichen Farbe und Form. Wer soll das nur alles essen?
Neugierige Blicke brennen auf meinem Gesicht. Wer ist dieses blonde Mädchen? Was macht die „Gringa“ hier bloß ? Pfiffe von links. Hola hermosa, preciosa, mi reina. Ich bin eine Attraktion ohne Gehör. Ohne den aufdringlichen Bemerkungen Beachtung zu schenken, schlendere ich weiter.
Motos und Taxis bahnen sich hupend ihren Weg durch die enge Gasse. Das Gedränge ist groß. . Der Lärm größ er. Ein Marktschreier verkündet die Angebote des Tages. „Rico uvas sin pepas un sol, un sol rico uvas.“ (Leckere Trauben ohne Kerne, ein Sol (30 Cent) das Kilo.) Wo ich einkaufe, entscheidet mein Auge. Quieria un medio kilo de fresas. Por favor, platanos por un sol.
Mit der Tüte bekomme ich ab und an eine Hand voll Fragen gereicht, deren Beantwortung ich nie müde werde. Wir Freiwillige sind wandelnde Werbeplakate für „Manitos“. Unsere Hellhäutigkeit erregt immer wieder das Interesse der Peruaner. De que país son ustedes? (Aus welchem Land kommt ihr?) Cuanto tiempo se quedan en Peru? (Wie lang bleibt ihr in Peru?) Que trabajan ustedes? (Was arbeitet ihr?) Manchmal würde ich jedoch gern im Getümmel untertauchen können. Mich treiben lassen von der Lebendigkeit der Stadt.
Keine Chance. Pfiffe von rechts. Ich setze meinen Weg fort.
Der süß e Duft der Mango mischt sich mit dem Gestank der Abgase. Ganze Hühnchen hängen kopfüber aufgereiht an einer Stange. Überall lauern fliegende Händler, welche mir Sonnenbrillen, Filme und Schuhe unter die Nase halten. No gracias.
Dank meines sicheren Beutelrucksacks brauche ich keine Langfinger zu fürchten. Wertsachen habe ich nie dabei.
Ein Mann verscheucht Fliegen von einem Haufen Fische. Frauen halten Nickerchen im Schatten der Mittagshitze. Wovon sie wohl träumen? Hinter einigen Ständen entdecke ich Kinder. Sie helfen ihren Eltern wo es nur geht. Wie viele von ihnen wohl nicht zur Schule gehen?
Die Tüten vermehren sich. Das Ende der Gasse kommt in Sicht. Der vorletzte Sol wird zu Brot, welches in riesigen Körben am Ausgang zur Hauptstraß e auf mich wartet. Anschließ end halte ich den vollbepackten Arm auf die Straß e und springe in den nächstbesten Combi. Nach 10 Minuten werden ich und mein köstlicher Tüteninhalt vor meiner Straß e ausgespuckt.
Einkauf erfolgreich beendet.
Die Arbeitswoche jedoch noch nicht.
Jeden Samstag fahren einige von uns Freiwilligen nach La Tortuga, so auch ich.
Wir haben uns dort für die Ludoteca verantwortlich gemacht, und geben ihr allmählich Gestalt. So bereiten wir jedes Mal abwechslungsreiche Spiele zu einem bestimmten Thema vor wie beispielsweise Meerwasser, Luftballons oder zu Gruppenkooperation. Leider fällt es uns Freiwilligen sehr schwer, eine Beziehung zu den Kindern La Tortugas aufzubauen, da stets andere Gesichter auftauchen und man sich somit kaum einen Namen merken kann. Einmal in der Woche ist einfach zu wenig, um sich genug in das Bewusstsein der Kinder zu rücken und ihnen das Vertrauen zu geben, bedenkenlos mit uns spielen zu können.
Hier gibt es also noch viel zu tun.
Die Nächte am Strand von La Tortuga kommen mir jedes Mal vor wie die Reise in eine fremde Welt.
Beim letzten Mal versteckten sich die Sterne leider schüchtern hinter einer Herde tanzender Schäfchen. Die roten Felsen behüteten unser beschauliches Lager und empfingen die Nacht wie die Umarmung eines alten Freundes. Das Meer sang uns Lieder von Abenteuern, welche es gesehen hatte und nun zu uns an den Strand spülte. Und das Meer in mir beruhigte sich an diesem zeitlosen Ort. Hier findet man Frieden. Man könnte glauben, die einzigen Menschen auf Erden zu sein, wenn nicht der Müll auch hier seine hässliche Fratze zur Schau stellen würde.
Zu gern möchte ich in fünfzig Jahren wieder hierher kommen, um zu sehen, was dann aus Tortuga geworden ist. Was wird wohl mit all dem Müll geschehen sein? Wird er den gesamten Boden bedecken? Oder wird man sich endlich damit beschäftigen? Wie lang werden diese gewaltigen Strände noch unberührt bleiben? Werden die Menschen in diesem Fischerdorf endlich ihre Probleme selbst anpacken können und von anderen Dörfern unabhängig sein? Wann werden sie einen eigenen Wasseranschluss besitzen? Und werden die Kinder La Tortugas eines Tages einfach nur Kinder sein dürfen?
Fragen und Rätsel, die nur die Zeit zu lösen weiß. .
Ja, manchmal erscheint mir meine Zeit hier wie ein riesiges "Rompecabezas", ein Puzzle, dessen Teile all die täglichen Erlebnisse sind, welche sich zu meiner Erfahrung zusammensetzen, die mich prägt.
„Rompecabezas“ bedeutet wortwörtlich „Kopfzerbrechen“. Und auch das passt.
Einerseits habe ich noch nie so intensiv gelebt. Noch nie habe ich mich so treiben lassen vom Zufall der Tage und der Überraschung des Schicksals. Noch nie habe ich mein Herz so laut singen hören.
Doch zugleich hatte ich nie zuvor so viele Fragen im Kopf, die alle langer Beschäftigung bedürfen, um sie zu beantworten.
Ich schreibe sie auf. Was bleibt mir auch anderes übrig.
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Hallo Sophia,
wir haben wieder mit großem Interesse Deinen eindrucksvollen und spannend geschriebenen Bericht gelesen (und konnten dabei sogar noch unsere spärlichen Spanischkenntnisse etwas auffrischen :-)). Toll
mit welcher Begesiterung Du die Herausforderungen meisterst. Es sind wertvolle Erfahrungen, die Du dort machst. Sie werden Dich und die Kinder weiterbringen.
Weiterhin viel Spaß und Freude!
Herzliche Grüße aus Stuttgart
Richard und Karin
P.S. Die weiße Schrift Deiner Berichte ist auf iPhone und iPad leider nicht lesbar, am PC schon. Vielleicht kannst Du Abhilfe schaffen, damit Deine begeisterte Leserschar noch größer wird.
Liebe Sophia! Deine phantasievollen Erzählungen berühren mich sehr. Die Arbeit mit den Kindern ist anstrengend, aber mit ihrer Dankbarkeit u. Liebe wirst du belohnt! Ein wunderbares Geschenk. Wir wünschen dir für deine Arbeit viel Kraft, bleib gesund und gönne dir auch einmal Muse! Zwei Busserl v. deiner Chr.-Oma & Opa
Hallo Sophia,
ich bin echt begeistert von deiner Art wie du dein Leben vor Ort erzählen kannst. Man kann echt super mit dir Eintauchen und deine Emotionen mitspüren. Hast ein echtes Talent! Alles Liebe noch und
viel Freude mit den Kids. Mia
Liebe Sophia,
Deine inspirierenden Erzählungen erfreuen uns immer wieder aufs Neue. Das Unterrichten scheinst Du sehr zu genießen - la tradición familiar.
Wir vermissen Dich sehr.
Deine verrückte Restfamilie
In der Nacht, in der ich das erste Mal in Piura einschlief, lächelte ein Vollmond still und geheimnisvoll auf die Erde herab. Seitdem besitzt die runde Luna hier eine besondere Bedeutung für mich: Ihre Erscheinung kündigt stets einen neuen Monat meines Hierseins an. Und zugleich ist mit jedem Vollmond ein weiterer Monat vergangen.
So langsam höre ich auf, mich durch den allgegenwärtigen Lärm und die wachsende Hitze kraftlos zu fühlen, peruanische Soles in Euros umzurechen oder jeden Morgen aufs Neue zu realisieren, dass es kein Traum war und ich wahrhaftig über 10´000 Kilometer von daheim entfernt lebe.
Ich glaube ich bin jetzt angekommen an diesem Ort; nicht mehr nur körperlich, sondern endlich mit dem Herzen.
Auch wenn Alltag ein Begriff ist, den ich in diesem Jahr vermutlich aus meinem Wortschatz streichen kann, tritt Gewohnheit an die Stelle des immer Neuen und Aufregenden.
Gewohnheit dürft ihr euch folgendermaßen vorstellen:
Es ist Dienstag und meine Arbeitswoche beginnt. Wenn wir morgens um neun Uhr bei „Manitos Trabajando“ eintreffen, liegen bereits eine abenteuerliche Fahrt in einem engen, schäbigen Combi und ein Fußmarsch über den lauten, geruchsgeschwängerten Markt hinter uns, sowie ein leckeres Frühstück in unseren Mägen.
Der Pförtner empfängt uns mit seinem herzerfrischenden Lächeln und der üblichen Frage „¿Cómo estas?“, welche hier einem „Hallo“ gleichkommt. Es werden Handschlag und Wangenkuss ausgetauscht und ich entschwinde an den Ort meiner heutigen Arbeit. Zum einen ist das die „Aula Roja“, das Klassenzimmer der 7-10-Jährigen, welche ich bei ihren Hausaufgaben unterstütze. Es ist mir sehr wichtig, in einer bestimmten Klasse zu helfen, um eine intensivere Beziehung zu den Kindern aufbauen zu können.
Bei den alltäglichen Schulaufgaben der Kinder lerne ich selbst viel dazu. Zum Beispiel komme ich wieder einmal in den Genuss des Kopfrechnens, versuche fachbiologische Texte auf Spanisch zu verstehen oder recherschiere im Internet über Theorien zur Expansion des Universums.
Oft widme ich mich jedoch nur einem Jungen in der Klasse. Josè ist das einzige Kind, welches nicht zur Schule geht. Im Moment ist er noch zu jung, doch er hätte auch gar nicht die Chance dazu, da er keinerlei Papiere besitzt. Für den peruanischen Staat existiert er im Grunde nicht und hat somit auch kein Recht auf Bildung. Seiner Mutter wurden schon mehrere Möglichkeiten geboten, ihm eine Identität zu verschaffen. Doch bisher hat sie keine davon genutzt. Daher sind die einzigen Zeiten der Bildung und Erziehung Josés die Vormittage in „Manitos Trabajando“.
Ich versuche José die Farben beizubringen, knete mit ihm Figuren, um seine Fingerfertigkeit zu verbessern und helfe ihm, seine ersten Buchstaben zu schreiben. So oft ich auch neben dem Jungen sitze; an den Anblick seiner kleinen Hände werde ich mich nie gewöhnen können; Josés Hände sind vernarbt, runzlig und von Arbeit gezeichnet, wie die eines alten Menschen. So dürfen keine Kinderhände aussehen, denke ich mir jedes Mal. Oft ist José sehr müde und legt seinen Kopf beim Schreiben auf den kleinen Tisch. Er sagt, er steht jeden Morgen um fünf Uhr auf und macht das Frühstück für seine Familie. José ist fünf Jahre alt.
Mittwochs hat die Klasse Tanzstunde, Donnerstags Cajonunterricht. Ich finde es großartig, wie früh die Kinder für Musik und Rhythmen begeistert werden. Das ist wohl der Grund, warum die Peruaner alle so talentierte und vor allem leidenschaftliche Tänzer sind.
Punkt elf Uhr beginnt für die Klasse das Hygieneprogramm, welches ebenfalls Teil der Erziehung in „Manitos“ ist. Die Kinder sollen sich duschen und ihre Zähne putzen. Ich passe auf, dass die Mädchen im Bad nicht trödeln („avancen chicas“) und den Boden sauber wischen(„seca bien con fuerza“). Danach helfe ich beim Haare kämen, Zöpfe flechten oder lese mit ihnen Märchen und Tiergeschichten.
Spätestens 11:45 sitzen alle Kinder im Speisesaal und ich teile ihnen Messer und Gabel sowie Getränke aus, wofür ich mit einem höflichen „Gracias, Miss“ belohnt werde. Danach wende ich all meine Überzeugungskünste an, damit auch jedes der Kinder seine groß e Portion auf dem Teller aufisst. Für viele ist das Essen bei „Manitos“ die einzige richtige Mahlzeit am Tag. Nach dem Mittag entschwinden die Kinder des Vormittags in die Schule, welche für sie am Nachmittag stattfindet. Zugleich tropfen dann diejenigen ein, welche vormittags zur Schule gehen,um bei „Manitos“ zu Mittag zu essen, ihre Hausaufgaben zu machen und an den Musik- und Sportaktivitäten teilzunehmen. Es vollzieht sich ein fliegender Wechsel und ich entdecke oft neue Gesichter, wohingegen bekannte an manchen Tagen gar nicht auftauchen.
Ich wüsste gern viel mehr über die Menschen, welche mir tagtäglich begegnen. All die Kinder erscheinen mir so normal, dass ich oft vergesse, welch groß e Last sie mit ihren jungen Jahren schon zu tragen haben. Die meisten von ihnen stehen zwischen drei und fünf Uhr morgens auf, während ich noch tief und fest schlafe. Sie bereiten das Frühstück für die Geschwister oder helfen ihren Eltern auf dem Markt. Sie tragen so schwer, putzen, kochen, waschen und haben bereits eine Menge Verantwortung. Sie sind Kinder, die keine sein dürfen. Wenn ich aufwache, haben einige von ihnen bereits vier Stunden gearbeitet.
Während ich die Kinder beobachte, fällt mir auf, dass Glück und Glücklichsein nicht zwangsläufig Hand in Hand gehen müssen. Mir scheint, als habe ich in Deutschland selten so dankbare, herzliche und aufgeschlossene Kinder getroffen, wie diese hier.
Mindestens einmal in der Woche helfe ich auch in der Küche von „Manitos“. Hier wird jede Hand gebraucht, da für über 100 Kinder gekocht werden muss. Ich schneide Gemüse aller Art, schäle Kartoffeln, enthaupte Erdbeeren, presse Limonen, wasche und trockne Salat, verteile Obst auf hunderte Plastikbecher, falte Servietten, spüle Geschirr und kratze angebrannten reis aus Töpfen, putze Schränke und Tische, sortiere Säcke voll Linsen, wende Fisch in Mehl und Tortillas in der Pfanne ... und freue mich jedes Mal, eine Kleinigkeit zum leckeren Essen beigetragen zu haben. Die Stimmung in der Küche ist fröhlich und von Radiomusik beschwingt, sodass mir auch diese Vormittage immer viel Spaß bereiten.
Nachdem wir Freiwilligen selbst gegessen haben, verbringen wir die Zeit, die uns verbleibt, auf dem kleinen aber feinen Hof von „Manitos Trabajando“. Hier spielen wir mit den Kindern Volley- und Fuß ball oder helfen ihnen dabei, über die neue Slackline zu balancieren, welche zwei Mädels aus Deutschland mitgebracht haben.
Gegen halb drei machen wir uns auf den halbstündigen Fuß marsch zu „Manitos Creciendo“, von wo aus uns ein Taxi nach Castilla oder Los Angeles in die „anderen Welten“ bringt. Auch in den „Ludotecas“ werden mir die Kinder immer vertrauter. Von dem, was hier normalerweise geschieht, möchte ich euch jedoch ein andermal erzählen. Denn letzte Woche fanden zwei besondere Aktivitäten statt, welche mich besonders bewegten:
Zum einen wurden in Castilla alle Eltern der Kinder eingeladen, um am Familientag von „Manitos Jugando“ teilzunehmen. Leider waren letztendlich nur vier Mütter anwesend. Das Thema des Tages lautete „nuestros communidad“ und die Kinder bastelten zwei verschiedene Collagen aus Zeitung und Knete zu ihrer Gemeinschaft; einmal wie sie im Moment ist und anschließend,wie sie sein soll. Es war wunderbar zu sehen, mit wie viel Elan selbst die kleinen Kinder dabei waren und von ihren Träumen erzählten: Sie wünschten sich einen Park für Castilla, mehr Bäume, eine Schule, eine eigene Kirche und vieles mehr, was im Zentrum so selbstverständlich vorhanden ist. Ein Mädchen flüsterte mir zu, sie wünsche sich, dass ihre Familie vereint sei. Es berührte mich, wie selbstbewusst die Kinder die Collagen ihrer Träume in der Runde vorstellten. Sie waren sich alle einig, für deren Realisierung zusammen arbeiten zu müssen. Gemeinsam könnten sie so manchen Traum Stück für Stück Realität werden lassen.
Es war so traurig, dass die Eltern der meisten das nicht sehen konnten. Wenn Kinder doch nur mehr Einfluss hätten, dachte ich mir in diesem Moment. Ihre Stimmen sind die Zukunft, aber das bemerkt ja keiner.
Die zweite Aktivität war ein Kinobesuch mit beiden Ludotecas. Auf der Hinfahrt im engen Combi pressten die gespannten Kinder ihre Nasen an der Scheibe platt, um dem wilden Treiben in der Stadt folgen zu können. Für viele war es der erste Besuch im Einkaufszentrum Piuras. Es fühlte sich seltsam an, mit den Kindern der einfachen Dörfer durch die feine Welt der Oberschicht zu spazieren. Mit einem Mal kam mir diese übertrieben luxuriös und überflüssig vor. Für die Kinder war der „Open Plaza“ wie eine blankgeputzte Spielzeugwelt. Sie hielten sich ängstlich am Geländer der Rolltreppe fest und lächelten mir überfordert und zugleich furchtbar aufgeregt entgegen. Im großen Kinosaal dauerte es eine ganze Weile, bis wir alle staunenden Kinder zum Sitzen bewegen konnten. Noch nie kam mir die Leinwand so gigantisch und der Ton so laut vor. Während die Kinder den „Lluvia de hamburgesas“ (Hamburgerregen, zu Deutsch: "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen") genossen, drehte ich mich ab und zu um, und blickte in ihre faszinierten Gesichter. Die Emotionen der Kinder, durch die Farbenpracht auf der Leinwand verursacht, waren das beste Kino für mich.
Die Kinder der Ludotecas haben mir die Augen für das Alltägliche geöffnet. Die Dinge „wie zum ersten Mal“ zu betrachten, sensibilisiert unglaublich für das Wichtige im Leben. Ich merke auf einmal, wie gut es mir doch geht.
Ich habe immer fliessend Wasser, Strom, Gas und ein sicheres Dach über dem Kopf. Ich habe eine unglaublich gute Bildung genießen dürfen und mir stehen so viele Möglichkeiten offen. Ich habe eine Familie, die mich liebt und die immer für mich da ist, wie weit ich auch entfernt sein mag.
Trotz kleiner und größerer Problemchen. Unterm Strich geht es uns doch gut. Unglaublich gut.
Perspektive und Gewohnheit: Diese beiden Worte beschäftigen mich im Augenblick sehr.
Ich denke, es ist wichtig, beides ab und an zu hinterfragen und auch manchmal zu ändern.
Wie ihr merkt, könnte ich bereits ein Buch über meine Erfahrungen der bisherigen Zeit verfassen. Ich würde gern noch so viel mehr mit euch teilen; euch von den Englischstunden berichten, die jeden Freitag eine neue Herausforderung für mich sind; ich will euch die Klänge der Blockflötengruppe beschreiben, deren Hilfslehrerin ich bin; euch an die Strände Perus entführen – die touristischen und menschenleeren; mit euch mehr von „La Tortuga“ teilen, welches mich jeden Samstag zu sich zieht. Und ich möchte euch auf den Markt mitnehmen, damit ihr den Hauch einer Ahnung bekommt, was es bedeutet, blond in einem Paradies aus Obst und Gemüse zu sein.
Aber all das erwartet euch das nächste Mal.
Noch ist der Mond eine angebissene Hostie im schwarzen Himmelszelt. Doch es fehlen nur noch ein paar Tage bis er hier zum dritten Mal in seiner vollkommensten Form zu mir herablächeln wird.
2 Monate.
Und noch liegt so viel vor mir.
Poco a Poco, wie man hier so schön geduldig sagt. Stück für Stück.
Liebe Sophia
Nun sind auch wir Dir nach Piura gefolgt und fühlen uns - geleitet durch Deine intensiv gefühlvollen Zeilen - gleich vertraut mit Deinem Leben, den Menschen, denen Du viel gibst und die Dich so
bereichern,
dass Du sagen kannst "ich bin glücklich". Wir bewundern Dein Engagement, das so von Herzen kommt, was Du in Deinem Bericht so wunderbar ausdrücken kannst - wie z.B. Deine besondere Beziehung zu dem
kleinen José. Wir sind berührt und freuen uns mit Dir.
Herzlichst
Klaus und Barbara
Liebe Sophia,
es ist immer wieder schön, Deine gefühlvollen, bildreichen Zeilen zu lesen. Auch bin ich froh, dass es Dir gut geht und Du glücklich bist. Ich reise in Gedanken mit Dir.
Alles Liebe
Papa
Liebe Sophia,
herzlichen Dank für Deinen wundervollen, lebendigen und sehr berührenden dritten Bericht! Danke, dass Du uns alle so intensiv teilnehmen lässt! Und wir freuen uns sehr, dass Du in Piura mit "Herz und
Phantasie, mit Kopf und Hand" so glücklich angekommen bist. Ich bin sehr stolz auf Dich und umarme Dich herzlich, Deine Mama
„Freitag. 16. August 2013.
Die dunkelste Stunde ist immer vor Sonnenaufgang.
Draußen tobt ein Gewitter. Die toten Photographen legen sich mächtig ins Zeug und knipsen und blitzen als fände da droben ein Spektakel statt, welches keiner verpassen möchte.
Ich schwebe in mancherlei Hinsicht.
Das Flugzeug trägt uns zwei durch die lange Nacht; sanft, manchmal stolpernd, strauchelnd, doch sicher. Ich schwebe zwischen Heimat und Ferne. Unmöglich kann ich schon begreifen, dass diese Ferne bald Heimat sein wird. Die Müdigkeit ist erdrückend, doch ich finde keinen Schlaf. Zu aufgewühlt ist die Welt in mir drin. Ich schwebe in einem seltsamen Zustand der Gewissheit und gleichzeitiger Ahnungslosigkeit, dass es nun wirklich losgeht.
Ein Jahr. Es gibt kein zurück mehr.
Mein Peruabenteuer hat begonnen.“
Bereits mehr als drei Wochen liegen zwischen diesen Gedanken im Flugzeug und dem heutigen Tag, an dem ich nun endlich ein Lebenszeichen zu euch senden möchte.
So unfassbar viel ist geschehen, so viele Orte habe ich bereits gesehen, Menschen getroffen, einheimische Gerichte gekostet, getanzt, gespürt, gestaunt, gelernt.
Die Welt um mich herum wird mir von Tag zu Tag vertrauter: Die Straßen und Plätze dieser Stadt, der Lärm der unablässig hupenden Autos, Mototaxis und Busse, die mich alle auffordern, einzusteigen, sobald ich ihnen Beachtung schenke. Das Verkehrschaos ist groß, doch man gewöhnt sich daran einfach mutig loszustapfen, um die Straßenseite zu wechseln.
In den ersten beiden Wochen hatten Florian und ich den großen Luxus, uns neben dem täglich dreistündigen Spanischunterricht einfach einzuleben und unsere Umgebung besser kennenzulernen. Wir leben zusammen mit einer Spanierin und einer Franzosin in einer Gastfamilie im Viertel „Miraflores“,einer wirklich guten und sicheren Gegend Piuras.
Direkt hinter dem Haus floriert ein hübscher kleiner Park (von denen es hier viele gibt), in dem wir oft Laufen gehen. Ebenfalls ganz in der Nähe befindet sich das Fußballstadion Piuras, in dem Florian und ich schon ein Spiel besuchten, als der Lärm unsere Neugier weckte. Wirklich ruhig ist es hier nie – entweder startet ein Flugzeug (der „aeropuerto“ ist nur wenige Kilometer von hier entfernt), die Diskothek um die Ecke dreht ihre Musik auf oder es findet eine Party auf der Straße statt. Aber das ist eben Teil der Lebendigkeit Piuras und auch daran habe ich mich schon fast gewöhnt.
Piura ist eine Stadt mit mehreren Gesichtern. Auf der einen Seite besitzt sie ein äußerst modernes Zentrum. In den letzten 5 Jahren entstanden hier riesige Einkaufszentren, „Tottus“ und „Open Plazas“ genannt, in denen man sich jeden Herzenswunsch erfüllen kann, wenn es der Geldbeutel zulässt. Kinos, Fastfoodketten, Modegeschäfte, Elektronikläden... – in dieser Welt bewegt sich Piuras wohlhabende Schicht. Das Zentrum dieser Stadt mit seinen hübschen Plätzen, Parks, Kirchen, Kathedralen, Bars und Restaurants steht jedoch im krassen Kontrast zu den Außenbezirken Piuras, von denen später noch die Rede sein soll.
In dieser im Grunde kurzen Zeit meines Hierseins habe ich schon einige Seiten an Peru und dessen Bewohnern entdecken können:
Eines zum Beispiel fällt auf: Die Menschen hier haben Zeit. Oder vielleicht müsste man sagen: sie nehmen sie sich einfach. Vor allem auf den langen, holprigen Busfahrten, die ich fast schon zu mögen beginne, bekomme ich am Besten vor Augen geführt, wie die Menschen hier leben. Sie nehmen sich Zeit und grüßen einander, wenn sie sich begegnen. Sie hetzen nicht durch die Straßen, haben offene Augen für ihr Umfeld und manchmal stehen sie einfach nur an ihrer Eingangstür und schauen der Welt beim Atmen zu.
Ihre Geduld und Ausdauer beeindruckt mich sehr.
Weiterhin fasziniert mich die Tiefe ihres Glaubens – überall entdecke ich Marienbilder und Jesuskreuze in Taxis, Häusern und auf der Straße. Die Menschen bekreuzigen sich beim Vorbeigehen an einer Kirche und Messen finden hier täglich statt.
Auch fällt mir die Hilfsbereitschaft der Peruaner und ihr Interesse gegenüber uns Ausländern auf. Doch was mir am Besten gefällt ist ihre Herzlichkeit, Spontanität und vor allem ihre Art, das Leben zu feiern. Von all dem kann ich so viel lernen und ich bin froh, nun ein Jahr mit diesen Menschen zu teilen.
Eine weitere Eigenheit der Piuraner ist die, alles zu verkleinern.
So wird man nicht selten gebeten, einen „momentito“, ein Momentchen zu warten, unsere Gastmutter nennt uns Volunteers „hijito“ und „hijita“, Söhnchen und Töchterlein und wenn etwas losgeht hört man des Öfteren „ahorita“ (was dann aber trotzdem noch ein Weilchen dauern kann – die peruanische Zeit ist recht großzügig mit ihrer Genauigkeit) – um nur drei Beispiele zu nennen.
Dieser Hang zur Verniedlichung findet sich auch im Namen der drei Projekte CANATs, die wir uns in der vergangenen Woche ansahen und welche ich euch im Folgenden vorstellen möchte:
„Manitos creciendo“ – wachsende Händchen - ist eine Einrichtung für Jugendliche, die entweder keinen Schulabschluss besitzen oder solche, die zwar die Schule beendet haben, aber auf Grund der Armut, in der sie leben, keine Chancen auf eine höhere Bildung haben.
Das Ziel ist, den arbeitenden Jugendlichen eine Berufsausbildung und kaufmännisches Wissen zu vermitteln, das ihnen hilft, ihre Talente zu fördern und ihre beruflichen Aussichten zu stärken.
Wir sahen uns alle Ausbildungsbereiche CANATs an und lernten die Tätigkeiten der Jugendlichen als Mechaniker für Mototaxis, als Koch, als Schneider und im Bereich Kosmetik und Frisör kennen.
„Manitos trabajando“ – arbeitende Händchen - ist der Bereich für Kinder, die wegen ihrer Arbeit Schwierigkeiten haben, die erforderliche Zeit in der Schule zu absolvieren und freiwillig in die Schule zurückkehren möchten. Die Jugendlichen sind Teil eines alternativen Bildungsprogramms und lernen Seite an Seite mit Kindern des normalen Schulsystems. Diese Kinder sind auf Grund ihres familiären Hintergundes gefährdet die Schule abzubrechen. Das Ziel ist es, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken, um eine Grundlage für die persönliche Entwicklung in den Bereichen Schule, Familie, Arbeit und Sozialumfeld zu schaffen.
Die Einrichtung für „Manitos trabajando“ befindet sich ganz in der Nähe des Marktes, damit die Kinder, welche dort arbeiten, keinen weiten Weg haben. Der Markt ist eine Welt für sich – doch davon ein andermal.
Bei „Manitos“ bekommen die Kinder ein warmes, gesundes Mittagessen und die Möglichkeit einer medizinischen Versorgung. Es gibt einen Fußballplatz, Tanzstunden und neben der ganz normalen Nachilfe und Hausaufgabenbetreuung Angebote in Kunst und Musik. All das sahen wir uns an einem Tag an und durften gleich helfen, wo wir wollten. Ich werde in Zukunft vormittags von 9-15 Uhr immer dort sein und mich bei der Hausaufgaben- und Nachhilfe einbringen. Die Nachmittage werde ich in den Ludotecas von „Manitos jugando“ verbringen.
„Manitos jugando“ – spielende Händchen – ist ein Programm für die Kinder der Außenbezirke, von denen ich euch berichten möchte.
Wir sahen uns beide Dörfer an, in denen die sogenannten „Ludotecas“ – Spielstätten – eingerichtet wurden, um den Kindern dort einen Platz zu geben, um Kind zu sein. Wir fuhren mit dem Taxi aus dem Zentrum heraus, jedoch waren wir keine fünfzehn Minuten unterwegs, und ich hatte das Gefühl, eine vollkommen andere Welt zu betreten.
Die Menschen dort leben in schäbig zusammengeflickten Hütten, nur die besseren sind aus Ziegeln gebaut. Die Bewohner dieser Dörfer sind von der staatlichen Grundversorgung wie Bildung und Gesundheit ausgeschlossen und haben weder fließend Wasser noch Strom.
Die meisten Familien haben viel mehr Kinder, als dass sie gut versorgen könnten. So ist es selbstverständlich, dass ein sechsjähriges Mädchen für ihre nicht mal einjährige Schwester die Mutterrolle übernimmt, wobei sie selbst noch ein kleines Kind ist.
In den Ludotecas wird den Kindern dieser Dörfer ein Raum geboten, um zu spielen, zu malen, puzzlen, Rätsel raten, basteln, singen, Fußballspeielen und um einfach zu toben. Ich war völlig überwältigt, als die Kinder wie selbstverständlich auf uns zu gerannt kamen, uns küssten, umarmten und bei der Hand nahmen, als gäbe es das Wort „fremd“ nicht. Diese Kinder sind so unfassbar glücklich, wenn sie spielen. Als ich sie so sah, so voller Lebensfreude, Talent und Intelligenz, konnte und wollte ich nicht fassen, in welcher Armut sie eigentlich leben.
Die Kinder wissen einfach nicht, wie viele Probleme sie haben. Vielleicht ist das ihr Glück. Sie tragen ihre Unschuld als Schutzschild und ihre Lebendigkeit und Phantasie verleihen ihnen Flügel.
Los Angeles und Castilla – die beiden Dörfer in die ich von nun an je zweimal wöchentlich gehen werde – sind so arm, so schäbig und vermüllt. Doch als die Sonne in ihrem schönsten Abendkleid alles vergoldete und wir durch den weichen Sand in Richtung Zentrum stapften, glaubte ich, selten an einem schöneren Ort gewesen zu sein. Was für eine himmelschreiende Ironie.
Diese aufwühlende Woche endete mit einer bewegenden Fahrt in ein sehr armes Fischerdorf namens „La Tortuga“ – die Schildkröte.
Dieses Dorf liegt Gaby, Leiterin von CANAT und unsere Ansprechpartnerin, sehr am Herzen; daher fährt sie jedes Wochenende an diesen Ort, weitab von all dem, wo wir herkamen.
Das erste, was mich ein wenig schockierte, waren die Fahrer der Mototaxis, welche uns zum Strand brachten. Es waren Kinder von grad mal 9 oder 10 Jahren. Und nicht genug – in der Fischerbucht angekommen zeigte uns ein fünfjähriges Mädchen mit einem großen Messer, wie man einen Fisch ausnimmt. Die Kinder scheinen das Fischen mit dem Laufen zu Lernen. Was sie leider nicht zu lernen scheinen, ist, auf ihre Umwelt acht zu geben. La Tortuga ist so ein malerisches Dorf, doch der Müll zerstört diese Idylle, bringt Hässlichkeit in vorher unberührte Schönheit. Der Anblick dieser Abfall- und Plastikberge machte mich richtig wütend. Was ist so schwer daran, einen Mülleimer aufzustellen und diesen zu benutzen? Diese Selbstverständlichkeit ist hier in Peru überhaupt nicht vorhanden.
Wir veranstalteten daher mit den Kindern von La Tortuga einen Umzug durch das Dorf mit Luftballons und Plakaten, welche auf das Müllproblem aufmerksam machen sollen.
„Soy tortuga y limpio lo que veo!“ sangen wir alle zusammen und machten Lärm, um auf uns aufmerksam zu machen. Es war schön zu sehen, wie begeistert die Kinder dabei waren – wären es die Erwachsenen doch nur ebenso... Der Dorfrat, welcher fast nur aus Männern besteht, hat beschlossen, lieber ein Fußballstadion zu bauen, als sich um einen Wasseranschluss oder das Müllproblem zu kümmern.
Der krönende Abschluss war auf jeden fall die Nacht am Strand von „La Tortuga“. Ich habe in meinem Leben noch keinen vergleichbaren Sternenhimmel gesehen; so klar, so funkelnd so unendlich weit und unfassbar umwerfend schön. Als ich in meinen Schlafsack eingehüllt auf dem roten weichen Sand lag, traute ich mich lange nicht die Augen zu schließen, aus Angst, diesen Moment zu beenden.
An diesem Ort, an dem mir die Dreifaltigkeit von Himmel, Meer und Erde den Atem raubte, hörte ich mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder laut sagen:
„Ich bin glücklich.“
Und das bin ich.
„CANAT bezieht Stellung für das Leben,
das würdige Leben, das alle verdienen. Wir haben weiterhin die Hoffung, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein, die größer ist als wir selbst.“
(Gabriela Renteria Hernandez)
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Hola Sophia,
viele Grüße aus Guadalajara :)
¿Como estás?
Es freut uns zu hören das es dir gut geht und dir das Leben, die Arbeit und Land und Leute so gut gefallen! Vieles von dem was du in deinen echt interessantenTexten schreibst, kommt uns irgendwie ein
bisschen bekannt vor ;)
Genieß das Leben, die Menschen und das Essen!
A que te valla bien;)
Saludos, Ali y Evelin
Liebe Sophia! Es ist so wunderbar, wie du uns an deinem grossen Abenteuer Anteil nehmen lässt. Auch wir haben auf unserer Südamerika-Reise vor einigen Jahren bes. in Peru die Herzlichkeit der
Einwohner kennen gelernt u. können deine Begegnungen u. Eindrücke nur bestätigen. Allerdings bis zur Schlafsackübernachtung am Strand sind wir dann doch nicht gekommen, das wäre uns zu gefährlich
gewesen! Pass auf dich auf u. sei vorsichtig!
Wir denken an dich!
Deine Chr.-Oma u. Opa
Liebe Sophia!
Es freut mich sehr, dass Du gut angekommen bist und jetzt loslegen kannst - Du wirkst schon mittendrin! Dein Bericht hat mich sehr berührt - Du hast uns allen ein buntes, warmes, herzliches, reiches
und armes, lebendiges und problematisches Bild von Piura geschenkt. Danke!!! Sei lieb umarmt!
Deine Ruth
P.S. Schneckenpost wird kommen!
Liebe Sophia!
Danke für den sehr lebendigen Bericht. Es freut mich, dass Du wohlbehalten angekommen bist und einen so guten Start hattest. Ich bin begeistert, wie gut Du beobachten kannst, wie Du bereits in
wenigen Tagen die Probleme und die Gegensätze des Landes erfaßt hast und wie Du Dich auf die neue Situation einläßt. Wenn Du so weitermachst wird der Aufenthalt für Dich und die Kinder eine große
Bereicherung sein.
Viel Spaß und Erfolg!
Liebe Grüße aus Deutschland
Richard
2 Tage. 22 Stunden.
Wer mich fragt, wann es losgeht, wird nur den Countdown hören, der unaufhaltsam in mir tickt. Realisieren kann ich die Tatsache immer noch nicht, dass nach Ablauf dieser Zeit ein völlig neues Kapitel für mich beginnen wird.
Ich übe mich täglich im Abschiednehmen, doch es bleibt jedes Mal dieses seltsame Gefühl, einerseits zu wissen, dass ich all diese wunderbaren Menschen erst in einem Jahr wiedersehen werde, doch gleichzeitig kaum begreifen zu können, was das eigentlich bedeutet.
Ein Jahr liegt vor mir. 365 Tage voller Überraschungen.
Voller Vertrauen in der Fremde. Hoffnung und Verzweiflung. Faszination und Bedrückung. Begeisterung und Ausdauertraining. Aufregung und Alltagserfahrung. Gefühltem Heimweh und gelebtem Fernweh. Ein Jahr voller Begegnungen. Begegnung mit anderen. Mit mir. Mit Gott?
Laut. Leise. Lebendig. Herzergreifend. Verwirrend. Beflügelnd. Abenteuerlich. Verblüffend. Aufwühlend. Atemberaubend. Intensiv. Kostbar.
Befreiend. Erschütternd. Verändernd.
Ich packe meinen Koffer…
Was nimmt man mit, wenn man ein ganzes Jahr fortgeht? Was ist es wert, eingepackt zu werden?
Kofferpacken ist schon eine verflixte Sache…
Es gibt so viel zu berücksichtigen, Vor- und Nachteile dieser und jener Dinge abzuwägen, Situationen durchzuspielen, in denen das ein oder andere nützlich sein könnte…
Am Schluss bleibt das letzte Wort jedoch bei meiner Waage. Leider scheint diese Dame mich ärgern zu wollen, denn was ich auch rausschmeiße, umpacke und austausche – eine hübsche 20 bekam ich von der Unbestechlichen noch nicht zu Gesicht.
Zum Glück fahren die Gedanken in meinem Kopf auf vielen Gleisen und so gibt es neben dem Kofferpacken noch ganz andere Dinge, die mich in der verbleibenden Zeit beschäftigen.
Habe ich an alles gedacht, was ich hier noch erledigen wollte? Alle Abschiedsbriefe geschrieben? Alles geklärt, was für die Reise wichtig ist? Von Dresden mit dem Zug nach Frankfurt, von dort mit dem Flugzeug nach Panama City und anschließend nach Lima. Wir werden zunächst zwei Tage in Perus Hauptstadt verbringen, bevor uns der Nachtbus in Piura aufweckt, unserer neuen Heimat.
In was für eine Familie werde ich kommen? Reichen meine Spanischbrocken, um mich zu verständigen und zu verstehen?
So viele Fragen, die nur eine Antwort haben: Warts ab.
Ich bin so voller Euphorie und wenngleich die letzten Stunden zerrinnen wie schon bald der peruanische Sand in meinen Händen, so wünschte ich doch, ich wäre schon dort. Ich will endlich, dass dieses Abenteuer beginnt, auf das ich schon so lang warte; dass ich loslegen kann, meinen Traum endlich leben. Wenn ich so über meine Zukunft phantasiere, erscheint mir die Antwort auf das Kofferproblem auf einmal ganz klar: das Wichtigste im Gepäck für dieses Jahr in dieser noch fremden Familie, an diesem unbekannten Ort in dieser neuen Kultur sind doch:
Neugier, Zuversicht, Geduld und Vertrauen.
Und vielleicht lassen sie mich auch mit 20,9 Kilo durch die Gepäckkontrolle, wenn sie mein euphorisches Lächeln sehen, das mich beim Gedanken an Peru überkommt.
Liebe Sophia,
wir wünschen Dir für Deine große Reise alles Gute, viele schöne bleibende Eindrücke und viel Erfolg!
Maria und Alfons
Liebe Sophia,
ich hoffe, Du bist gut angekommen. Bestimmt ist gerade der Anfang wahnsinnig spannend. Pass auf dich auf, meine Liebe. Wir hören oder lesen bald voneinander.
Papa
Liebe Sophia,
inzwischen hast du nun schon die fremde Luft geschnuppert. Ich wünsche und hoffe, dass du gut angekommen bist und einen guten Platz angetroffen hast. Es ist für diieses Jahr gut und wichitg, Menschen
um dich zu haben, die es gut mit dir meinen.
Ich denke an dich.
Deine Schwester Sigrid
Liebe Sophia!
Wir hoffen, Du bist gut angekommen und kannst erste neue Eindrücke aufsaugen. Auf jeden Fall wünschen wir Dir in Deinem neuen Lebensabschnitt viel Spaß, Gottes Segen und nette Mitmenschen. Laß es Dir
gute gehen!
Übrigens unser Kleiner wächst munter weiter, in ca. 5-6 Wochen ist es soweit!!
Liebe Grüße von Manuela+Uwe
Liebe Sophia,
unsere besten Wünsche begleiten Dich bei Deiner spannenden Aufgabe in den Bergen von Peru. Wir werden Deine Internetseite immer mitlesen, damit wir an Deinen Erlebnissen teilhaben können. Bleib
gesund.
Die Frauen Vom FZ PAULINE
Es war der 15. Sommerabend im Juni.
Nach wochenlanger Planung, intensiven Proben und unzähligen Vorbereitungen hatte das Warten ein Ende: Die Kirchenpforten der heiligen Familie standen offen; luden freundlich ein, wen immer die Neugier lockte.
Zusammen mit meiner Freundin Laura veranstaltete ich ein Benefizkonzert für unsere beiden Projekte in Chile und Peru.
Ein letztes Mal wollten wir unsere Freude an der Musik mit den Menschen unserer Gemeinde teilen. Noch einmal wollten wir uns bei den Menschen bedanken, die uns die letzten Jahre begleitet und diese so versüßt haben.
Talente sind
dafür da, dass man sie teilt.
Die Band, welche uns begleitete, hatte sich extra für diesen Anlass gefunden und schenkte uns all ihr Talent und ihre Begeisterung für die Musik. Zudem erhielten wir großartige Unterstützung von zwei unserer Chöre; den Bennosingers und den Singshakes.
Es wurde ein bunter Abend voller Überraschungen, Lebendigkeit, und geteilter Emotionen. Unser Programm reichte von lateinamerikanischen Klängen, wie einer Folklore aus Bolivien, über Filmmusik aus Funny Girl, Sister Act und Wie im Himmel bis hin zu Michael Jacksons Earth Song oder einem accapella Stück mit Phantasiesprache.
Zwischen dem musikalischen Programm erwartete das großartige Publikum ein selbstchoreographierter Tanz, der ein oder andere Überraschungsgast und kleine Häppchen mit der lateinamerikanischen Spezialität "Dulce de leche" (Karamellcreme) , die alle brav aßen.
Laura und ich stellten unsere Projekte und Organisationen vor, untermalt durch Bilder, welche auf der Leinwand hinter uns erschienen. Es waren Bilder von den Orten, welche schon bald unser neues Zuhause sein werden.
Die zwei Stunden geteilter Freude und Musik vergingen viel zu schnell, so wie es oft der Fall ist, wenn etwas besonders schön ist. Doch was blieb, war das Lächeln auf den Gesichtern unserer Zuhörer, der beschwingte Schritt und eine Aufnahme, auf die wir schon sehr gespannt sind.
Wir danken allen von Herzen, die dabei waren; mit Leib und Seele aber auch einfach in Gedanken, während sie verhindert waren. Aber vor allem bedanken wir uns für die großzügigen Spenden!
Und weil es so schön war, spielen wir schon mit dem Gedanken, im nächsten Jahr ein Willkommenskonzert zu geben. Bleibt gespannt ;-)
Ihr Lieben-
Lasst es euch gut gehen und habt immer die passende Musik im Leben!
Gran concierto...
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warger (Freitag, 30 Dezember 2022 07:13)
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sargjes (Freitag, 30 Dezember 2022 06:43)
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latycrea (Freitag, 30 Dezember 2022 02:17)
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mantani (Freitag, 30 Dezember 2022 01:16)
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